Trotz Corona muss ich dieses Jahr nicht auf das Zurich Film Festival verzichten, welches dank eines Schutzkonzeptes (hauptsächlich durch das permanente Tragen von Masken) auch für die Öffentlichkeit in physischer Form stattfindet.
Wie jedes Jahr probiere ich den einen oder anderen heiss erwarteten Film der Saison vorab anzuschauen, so wie ich es in den vergangenen Jahren mit Filmen wie The Favourite, The Lighthouse oder The Farewell tat.
Und auch gestern, bei den ersten beiden von ingesamt 4 Filmen in diesem Jahr, wurde ich nicht enttäuscht.
Nomadland von Chloé Zhao
Ein ruhiger, unaufgeregter aber ein zu tiefst beeindruckender Film bei dem mir vor allem die Kamerarbeit sehr gefallen hat. Zum einen gefiel mir wie die Kamera immer nahe an Frances McDormands Hauptcharakter dran ist aber gleichzeitig auch wie immer wieder wundervolle Panoramabilder die Weite der Landschaft und der Natur zeigen. Zudem mochte ich wie durchdacht die Bilder waren und so der Story eine zusätzliche Ebene hinzufügten.
Der Teaser Trailer zeigt eigentlich schon ziemlich gut was man für Bilder erwarten kann. Auf der grossen Leinwand in Kombination mit dem wundervollen musikalischen Score verstärkt sich die Wirkung aber noch einmal deutlich.
https://www.youtube.com/watch?v=UCauQhxMF-s
Noch kurz zur Story (Keine Spoiler)
Frances McDormand (welche eine von nur zwei professionellen Schauspieler*innen im Film ist), spielt eine Frau die in einem Van lebt und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält. Dabei zieht sie durch die Weiten von Amerika und schliesst sich immer wieder mit anderen Nomaden zusammen, während sie selber mit fortschreitendem Alter versucht einen Platz im Leben zu finden.
Der Film wirft ähnlich wie schon Chloé Zhao’s Vorgängerfilm „The Rider“ einen Blick auf ein Amerika, dass wir so noch nicht so oft in Filmen gesehen haben. Wobei ich sagen muss dass ich Nomadland doch noch ein Stück besser fand als The Rider.
Generell mochte ich das der Film nicht ganz so herunterziehend war wie ich es erwartet hätte und die Unaufgeregtheit. Denn trotz den teilweise prekären Lebensumständen kommt es im Film praktisch nie zu einem grossen oder lauten Konflikt, diese werden eher im Stillen oder innerlich ausgetragen.
Zum Schluss noch ein kleines persönliches lowlight:
Es gibt eine Szene in der Frances McDormand an einem Kino vorbeiläuft bei dem gross „The Avengers“ auf dem Billboard steht. In diesem Moment erinnerte ich mich wieder daran dass Chloé Zhao’s nächstes Projekt „The Eternals“ sein wird. No offense, aber ich kann mir irgendwie immer noch nicht vorstellen wie so eine talentierte Regisseurin einem grossen Marvel-Franchise-Blockbuster ihren Stempel aufdrucken soll. Ich lass mich gerne überraschen und bin gespannt aber ich zweifle stark daran.
Danach habe ich mir noch einen Wettbewerbsfilm zu Gemüte geführt.
Shithouse von und mit Cooper Raiff
Shithouse ist ein kleiner Indiefilm welcher als Mischung aus „Before Sunrise“ und einer Coming of Age/College-Comedy wie wir sie auch schon gesehen haben, angesehen werden kann.
Das Skript ist stellenweise ein wenig schwammig und lückenhaft aber insgesamt macht der Film sehr viel Spass und ist durchaus sympathisch.
Wenn man bedenkt dass der 22(!)-jährige Regisseur Cooper Raiff im Film auch die Hauptrolle spielt und zudem selber das Drehbuch geschrieben hat, finde ich das Ergebnis mehr als bemerkenswert.
Für alle Interessierten, im (virtuellen) Q+A nach dem Film liess Cooper Raiff verlauten dass der Film bereits einen Verleiher hat und nächstes Jahr offiziell nach Europa kommen soll.