Artemis Fowl:
Heilige Scheisse, was für ein schlechter Film! Was genau ist da falsch gelaufen? Wie kann ein Film nur derart inkohärent und unsinnig zusammen kommen?
Erstens die Charaktere: Artemis Fowl ist ein absolut unsympatischer, unausstehlicher Protagonist, und ein völliger Soziopath. Der taugt überhaupt nichts als Protagonist, denn man will ihn nicht gewinnen sehen. Dazu kommt noch, dass Ferdia Shaw, der Schauspieler der Artemis verkörpert, extrem schlecht spielt. Tut mir leid so deutlich zu sein, aber sowas hölzernes und unüberzeugendes sollte man nicht in einer Hauptrolle sehen. Sein Schauspiel ist in etwa auf dem Level des „The Last Airbender“-Casts. Zum Teil hörten sich seine Dialoge an, als habe er Mühe die Zeilen zu sagen ohne sich zu verhaspeln.
Da kann man eigentlich nur froh sein, dass die Geschichte so zerstückelt erzählt wird, dass Artemis Fowl kaum wirklich vorkommt… Jep, der Film ist so vollgestopft mit Zeugs und die Story so zerstückelt, dass der Namensgebende Protagonist kaum Präsenz hat.
Aber dennoch ist es keine gute Sache, dass man ihn kaum sieht, denn das Drehbuch scheint definitiv zu glauben, dass man ihn genug sieht um mit ihm „Charakterentwicklung“ durchzugehen.
Gegen Ende des Filmes hat er plötzlich ein Gespräch mit einem anderen Charakter (Holy Short, überraschend gut gespielt von Lara McDonnell) wo er sie fragt, ob sie jetzt Freunde seien… obwohl sie im ganzen Film glaub genau DREIMAL miteinander geredet haben… zweimal davon wo sie ihn durch die Gitterstäbe ihres Gefängniss anbrüllt, denn jep… deren Zeit die sie miteinander verbringen besteht zu 90% daraus, dass er sie gefangen hält. Und plötzlich sind sie… „Freunde“?¨
Keine Ahnung, falls das hier ausserhalb des Kontextes der Story keinen Sinn macht, glaubt mir: Es macht innerhalb des Filmkontextes noch viel weniger Sinn! Sowas bizarres, ist schon fast experimentell, wie dieser Film die Beziehung zwischen den Charakteren nicht hinkriegt.
Dann kommt die Frage des Plots.
Was genau ist da passiert? Der Plot, wie ich gegen Ende realisierte, ist gar nicht so kompliziert… warum zum Teufel konnte ich dann die meiste Zeit nicht folgen, wer jetzt genau was warum will? Die Charaktere verhalten sich völlig unlogisch, und der Film besteht aus etwa vier Strängen welche alle irgendwie völlig nebeneinander herlaufen, und auch wenn sie endlich zusammen kommen hatte ich Mühe zu verstehen, wie die jetzt genau zusammen passen.
Getragen sollte die ganze Geschichte von Artemis Motivation werden. Sein Vater wurde entführt, und ein böser, böser Antagonist (der das lächerlich generischte Design hat, das ich seit langem gesehen habe) verlangt von Artemis, dass er ihm ein Objekt überbringt, im Austausch für seinen Vater.
Aber dieser Antagonist hat null Präsenz im Film. Ehrlich, ich vergass die meiste Zeit, dass es ihn überhaupt gibt. Der Film konnte nicht mal sauber etablieren, wer genau den Antagonisten überhaupt schon kennt oder kannte… Er ist einfach… „da“. Er existiert einfach, und skypt zwischendurch mit Artemis. Ich hätte nie gedacht dass ich das mal sagen würde aber: Im Gegensatz zu diesem Antagonist wirkt Steppenwolf aus „Justice League“ wie der Joker aus „Dark Knight“!
Dann will der ganze Film auch noch diese riesige Welt voller fremder Technologie und Fabelwesen etablieren… und fällt völlig flach auf die Schnauze.
Die Internen Regeln der Märchengesellschaft scheint extrem wichtig für die Motivationen der Charaktere zu sein, und trotzdem wird dem Zuschauer kaum ein Verstädniss dafür gegeben. So viele Charaktere, so viele „Fraktionen“, so viele Regeln und Plotelemente, aber nichts wirklich etabliert, nichts das wirklich Sinn macht, nichts das wirklich logisch ist!
Ein nicht unerheblicher Teil des grossen Finales besteht aus einem „Machtwechsel“ an der Führungsspitze der Elfenarmee, aber ich hatte keine Ahnung wie die Machtstruktur da überhaupt war, oder wer dieser dümme Klischee-Bürokrat ist, der plötzlich die Führung übernehmen will… ich glaube mich vage erinnern zu können, dass er am Anfang vom Antagonisten aus einem Gefängniss geholt wurde…? Aber dann hat er plötzlich extreme Exekutive Macht im Bezug auf die Armee? Oder war das ein anderer Charakter? Und warum genau hassen er und Judi Dench sich so?
Ach ja, Judi Dench ist in dem Film, in der wohl lächerlichsten Rolle in der ich sie je gesehen habe! Ich meine… sie spielt nicht schlecht, es ist unterhaltsam, es ist immerhin Judi Dench, aber trotzdem… es gab einen Moment wo ich sie zum ersten Mal in ihrem ganzen Outfit sah und da musste ich laut loslachen.
Oh Gott, jetzt bin ich wieder zu den Charakteren abgeschweift.
Dabei wollte ich doch darüber wettern, wie verwirrt ich beim Finale war. Denn nicht nur findet dort der Höhepunkt einer politischen Intrige statt, welche überhaupt nicht etabliert wurde, es gibt auch noch ein „Ticking Clock Element“, welches aus einem Stück Technologie besteht, welches am zusammenbrechen ist… aber man weiss nicht genau was passiert, wenn es zusammen bricht, und der Film hat eh nie genau erklärt, wofür es überhaupt gut ist, aber dann bricht es zusammen, und es gibt Chaos, und danach ist es vorbei und… dann ist es vorbei und hat keine Konsequenzen und es hätte genauso gut nicht passieren können?
…
Was?
Sorry wenn ich hier verwirrt rüber komme.
Ich versuche hier den Film zu analysieren und ein strukturiertes Review zu schreiben, aber der Film erlaubt es einfach nicht. Der Film ist ein intrigante Maschine aus Fehlentscheidungen und Quatsch. Alles hängt irgendwie zusammen bezüglich der Frage, was genau nicht funktioniert. Es ist unmöglich auf etwas zu deuten und zu sagen: „Hätte man nur das hier besser gemacht, dann könnte der Film funktionieren“.
Ich habe keine Ahnung, wie diese Geschichte aussehen würde, wenn sie gut erzählt werden würde, denn nichts stimmt hier.
Eine gute Verfilmung dieser Geschichte wäre auf jeden Fall besser aufgebaut und vermutlich auch etwas länger.
90 Minuten für so viel ist auf jeden Fall nicht genug… dennoch wirkt der Film viel länger… und trotzdem zu kurz.
Er ist auch ganz eigenartig aufgebaut. Am Anfang gibt es eine längere Actionsszene mit einem Troll, welche rein gar nichts mit dem Plot zu tun hat, aber eine Menge Zeit in Anspruch nimmt… und das in einem Film welcher mit 90 Minuten für das ganze Material das er reinquetscht eh schon zu wenig Zeit zur verfügung hat. Das „Grosse Finale“ fängt in der Mitte des zweiten Aktes an, und als es dann fertig ist hatte ich den Eindruck, dass da noch ein ganzer dritter Akt kam, dabei waren wir da schon fast im Denouement…
Der Film fühlt sich an als habe man angefangen zu drehen, bevor das Drehbuch fertig war, hat dann nach halber Produktion gemerkt, dass Dinge nicht funktionierte, beendete die Dreharbeit nach etwa der Hälfte dessen was geplant war, warf dem Editor das Material einfach hin und sagte ihm: „Versuche was draus zu machen… aber mach es nicht länger als 90 Minuten. Aber schneide keine der Charaktere und Plotpunkte raus. Auch die nicht, die wir nur zur Hälfte gedreht haben.“
Und der Editor hatte dann vermutlich einige durchgeheulte Nächte der Verzweiflung.
Dieser Film ist wirklich spektakulär schlecht. Es ist quasi kein fertiger Film. Es wirkt bestenfalls wie die erste Rohfassung.
Einen ähnlichen Eindruck hatte ich, als ich damals „Mortal Engines“ von Peter Jackson geschaut habe. Der wirkte auch so unfertig und zusammengeflickt. Aber bei dem Film konnte ich wenigstens sehen, wie der Anfang und der Schluss zusammenpassen. Und der Mittlere Teil, das Element das von der Story her überhaupt nicht zum Rest passt, war immerhin faszinierend und gut umgesetzt, sodass es mein Interesse weckte.
„Artemis Fowl“ hat keinen dieser positiven Aspekte. Alles was da zurück bleibt ist ein völlig verwirrter Eindruck und die Frage, wie genau sowas passieren kann.
Fazit: Einer der schlechtesten Filme, vor allem Big-Budget-Filme den ich seit langem gesehen habe. Unerklärlich.