Cruella:
Ich hasse diesen Film. Wirklich, wirklich sehr.
Er hat genau zwei gute Elemente, und das sind Emma Stone als Protagonistin (sie ist keine gute Cruella, dazu später mehr, aber sie ist eine gute Protagonistin für diesen Film) und Emma Thompson als Baronessin. Die zwei hatten sichtlich eine Menge Spass mit ihren Rollen und bringen auch die nötige Ausstrahlung und Chemie in die Geschichte.
Der Rest dieses Teiles ist einfach unausstehlich und vor allem triefend mit Zynismus.
Der Film ist so unausstehlich darin, sich beim „101 Dalmatiener“-Film zu bedienen, dass mir regelmässig fast das Kotzen kam. Jedes Element des Zeichentrickfilmes wird genommen und irgendwie neu verwurstet. JEDES! Cruellas Haar, ihr Auto, ihr Haus, ihre Handlanger, ihre… „Beziehung“ zu Dalmatiener!
Und in JEDEM Aspekt greifen die Filmemacher diese Elemente auf und schiessen VÖLLIG daran vorbei, was die Rolle dieser Elemente im Original waren.
Cruella hat schwarz weisses Haar, und du dachtest das war ein Mode-Statement einer Exzentrischen Designer im Original? NOPE! Hatte sie von Geburt, und ist etwas wofür sie als Kind gehänselt wurde. Sie hat zwei dumme, tölpelhafte Handlanger, und du dachtest dass seien zwei Gauner, welche sie gelegentlich braucht um Dinge durchzuziehen welche halt illegal sind und die nicht mit ihr in Verbindung gebracht werden dürfen? NOPE! Das sind Kindheitsfreunde von ihr, welche für die Welt ersichtlich Freunde von ihr sind! Sie wollte Dalmatinerwelpen kaufen und häuten, weil sie derart Mode-besessen ist, dass sie keinen Skrupel hätte sowas zu machen? NOPE! Sie hatte schon seit Kindheit ein „komplexes Verhältniss“ mit genau dieser Art Hund! (das sind übrigens alles keine Spoiler, das lernt man alles in den ersten 10 Minuten)
Alles wird in den Film reingequetscht, und nichts so, wie es ursprünglich dargestellt wurde, was eine Geschichte kreiert, welche auf der einen Seite dich dazu ZWINGT ans Original zu denken, auf der anderen Seite dich aber dafür bestraft, wenn du das Original als Referenz nimmst. Weswegen man zum Schluss eine Cruella hat, welche absolut nicht Cruella ist, aber oberflächlich dann doch nicht drum herum kommt mit ihr verglichen zu werden.
Man könnte fast meinen, der Film wäre ziemlich gut gewesen, wenn man ihn ganz vom „101 Dalmatiner“-Franchise abgekoppelt hätte und einfach eine völlig neue Geschichte zu einem neuen Charakter erzählt hätte. Und auf jeden Fall kann man sagen, dass der Film dann besser gewesen wäre, aber „gut“ würde ich ihn immer noch nicht nennen.
Denn die Story ist einfach viel zu klischeehaft und alle Plotpunkte extrem vorhersehbar.
Aber der Film ist auch in vielen Bereichen sehr amateurhaft gemacht. Disney scheint die Regel „Show, don’t tell“ wirklich verlernt zu haben, denn dieser Film, wie so viele Filme dieses Studios der letzten Jahre, scheint sich einfach nicht mehr helfen zu können, und steckt überall Exposition rein, wo einfach keine nötig wäre! Sei es eine unnötig explizite Erzählung der Protagonistin durch den ganzen Film, oder schmerzlich viele plumpe Dialoge, vor allem in der ersten Viertelstunde, welche dir Dinge erzählen, die du einfach so hinnehmen musst. Wie oft Cruella sich selber als „Genie“ bezeichnet, ohne dass man etwas davon sieht war einfach nur nervig.
Und zu guter Letzt ist der Film auch unglaublich nervig und schlecht geschnitten. Ich habe langsam genug von Filmemachern, welche Popmusik-Montagen als legitimen Ersatz für Szenen ansehen. Ich kann es nicht mehr sehen. Zwischendurch mal eine Montage, irgendwo in der Mitte des Filmes um einen bestimmten Plotpunkt zu visualisieren ist schön und gut, aber wenn du keine 10 Minuten ohne solche Montagen gehen kannst, dann hast du beim Filmen etwas falsch gemacht.
Aber auch wenn mich der Überfluss an solchen Montagen oder musiklastigen „Szenen“ nicht nerven würde, so wäre ich im Falle dieses Filmes von deren unglaublich inkompetenten Umsetzung genervt geworden.
Diese Einspielungen haben oft viel zu leise Musik, sodass die Kulissengeräusche der Szenen fast zu laut drüber liegen und oft enden sie auch irgendwie unpassend und abrupt. Aber am schlimmsten ist, dass sie keinen Sinn für Rythmus und Pacing haben. Sie sind einfach schlecht geschnitten, einzelne Schnitte hängen oft etwa eine halbe Sekund zu lange, sodass die Szenen kein Momentum aufnehmen können und das Tempo der Kamerabewegungen passt nicht zum Tempo der Musik.
Als ein Beispiel: Als die junge Cruella mit ihren zwei Freunden, Horas und Jasper, von der Polizei flüchten, rennen die beiden Jungs eine Aussentreppe an einem Gebäude hoch, während Cruella sich unten im Hof ihren einen Weg sucht. Die Musik die das spielt ist relativ rassig und versucht das Gefühl einer schnellen Verfolgungsjagd geben sollte… und dann besteht der visuelle Aspekt der Szene darin, dass die Kamera laaaaaaaaangsam die Aussenwand des Gebäudes raufschleicht, während man für Sekunden keinen der Charaktere mehr sieht und wenn man sie sieht, dann bewegen sie sich in einem leichten Jogging die Treppe hoch… sowas von inkompetent, da ziehen alle Elemente in verschiedene Richtungen und das Resultat ist massiver Whiplash.
Der Film ist einfach nicht gut gemacht. Man kann vielleicht die Kostüme und die Sets ein bisschen loben, aber ehrlich gesagt, diese Dinge sind einfach primär „ok“. Definitiv nicht genug um den Film zu tragen. Und mit über zwei Stunden ist das Teil einfach viel zu lange und mir war die meiste Zeit langweilig.
Fazit: Zynisch, schlecht gepaced und zu lange. Und vor allem transparent mit den Leblosen Eingeweiden des Zeichentrickoriginales behängt. Zwei gute Schauspieler in den Hauptrollen reichen da nicht um dem Film wirklichen Wert zu geben.