Awake:
Ohhhh, was für eine Enttäuschung!
Die Prämisse hätte ich so genial gefunden: Ein Vorfall sorgt dafür, dass die Menschen nicht mehr schlafen können.
Hier! Einfach, schlicht, gutes Konzept für eine Story. Nachvollziehbar in ihrer Einfachheit, und mit der Art wie Schlafentzug sich manifestiert ein perfektes Konzept für eine immer weiter eskalierende Story, welche die Protagonisten durch die Stufen eines solches Entzug verfolgt. Da wäre so viel möglich gewesen!
Leider ist dieser Film einer der schlechtesten Filme, die ich seit langem gesehen habe. Wirklich unsagbar inkompetent zusammen geflickt, sodass es mir schwer fällt genau zu sagen, WER hier Mist gebaut hat.
Ich will hier schnell an einem Beispiel erklären, warum es so schwer fällt auf individuelle Teile zu zeigen und diese klar als fehlerhaft zu definieren.
Die Geschichte dreht sich um den Charakter Jill und ihre zwei Kinder, der Sohn Noah und die Tochter Matilda. Nach einem bizarren Vorfall, der die Protagonisten in einen Autounfall verwickelt kann die ganze Menschheit nicht mehr schlafen. Wir sehen Jill die ganze Nacht wach sein und mit ihrer Mutter sprechen. Am frühen Morgen geht sie raus zu einer Uni und redet dort mit einem Experten. Dieser Experte erklärt ihr, dass NIEMAND mehr schlafen kann. Jill sagt: Das stimmt nicht. Ihre kleine Tochter Matilda hat die letzte Nacht ja gut geschlafen. Der Experte fragt, ob sie da sicher sei. Ob das Mädchen wirklich geschlafen habe… denn sonst schläft niemand mehr. Alle Menschen seien entweder wach… oder halt tot. Mit Schock in den Augen rennt Jill zurück zum Haus, die Annahme ist, dass ihre Tochter anstatt schlafend im Bett zu liegen von Nachfolgen des Unfalles des letzten Tages vielleicht gestorben sei und gar nicht schlafe.
Ok… also:
Die ganze Beschreibung hier macht beim Lesen vielleicht Sinn. Ist ok, ist eine Prämisse, kann man so machen, oder?
Das Problem ist, dass der Film auf der Seite des Storytellings einen massiven Fehler machte, welcher bei mir zu reiner Verwirrung führte.
Wir sehen Jill nie zu ihrer Tochter ins Zimmer gehen um zu überprüfen, ob sie überhaupt schläft. Wenn der Experte Jill frägt: „Bist du sicher, dass deine Tochter geschlafen hat?“ gingen meine Gedanken nicht zurück zu einer Szene, wo wir das explizit sehen… in meinen Augen hatte Jill einfach VERMUTET, dass ihre Tochter geschlafen hat, weil sie nicht das Gegenteil gesehen hat. Vielleicht war sie, bevor sie das Haus verlassen hatte schnell bei der Tochter im Zimmer, vielleicht nicht. Vielleicht hat sie sie im Bett liegen gesehen und dachte sie schlafe… oder vielleicht war sie gar nie im Zimmer. Oder vielleicht war sie mehrmals zu ihr reingegangen, hat aber keinmal realisiert, dass sie nicht mehr atmet?
Wir wissen es nicht. Keine Ahnung, der Film zeigt es uns nicht.
Weswegen wir in dem Moment nicht wissen, auf welcher Basis Jill annimmt, dass ihre Tochter geschlafen hat… oder wie realistisch die Vermutung ist, dass sie Tod sein könnte. Weswegen die Verwirrung zu dem Zeitpunkt einsetzt, als Jill darauf beharrt, dass ihre Tochter die Nacht durchgeschlafen hatte, und dann für den Rest der Szene bestehen bleibt.
Und wer genau hat hier also Mist gebaut.
War es das Drehbuch, welches Jill eine Überzeugung zum Status der Tochter gibt, ohne uns einen Grund dafür zu geben? War es schlecht geschnitten, es hätte eine Szene gehabt, welche das gezeigt hätte, aber der Editor hat sie rausgelassen, weil man nicht realisierte, wie das zur Verwirrung führen könnte? Oder hat sich der Regisseur entschieden, diesen Aspekt aus dem Film rauszulassen, weil er den Zuschauer in Unsicherheit wiegen wollte? Ich weiss es nicht, ich weiss nur, dass diese Szene nicht funktionierte.
Und leider ist in diesem Film die GANZE ERSTE HÄLFTE auf diese Art gemacht. Permanent sehen wir bizarre Schnitte, seltsame Szenenübergänge oder einfach Löcher innerhalb der Informationen welche der Zuschauer erhält, welche dafür sorgt, dass ich Mühe hatte der Erzählung überhaupt zu folgen. Mal sind die Charaktere hier, mal sind sie da, dann laufen sie von Punkt A nach Punkt B, was laut dessen was mir der Film gezeigt hat vielleicht eine Minute dauerte, aber plötzlich müssen 5 Minuten vergangen sein… das ganze ist ein ziemliches Durcheinander.
Dabei hilft es nicht, dass die Dialoge oft so schrecklich zusammen geknüppelt sind, dass es oft wirkt als fehlen irgendwo Zeilen. Wenn Charaktere auf Aussagen von anderen Charaktere reagieren, folgen die Antworten oft nicht wirklich auf das vorher gesagte, und nichts wirkt natürlich. Vor allem in Expositionesdialogen ist es oft mehr als deutlich, dass Charaktere die Dinge die sie sagen nur sagen, weil der Zuschauer eine Information gefüttert werden muss, und weil der Autor der Dialoge versuchte die Information in eine natürliche „Antwort“ reinzuflicken, ohne aber zu verstehen wie Menschen in der Realität miteinander reden, fällt das ganze unglaublich negativ auf.
Ein weiteres Problem ist, dass ich oft keine Ahnung hatte, in welchen Zeiträumen wir uns bewegen, etwas was man denken sollte, wäre in so einem Film wo es um das kontinuierliche Einsetzen von Schlafsentzugsymptomen doch durchaus wichtig, oder sogar ein ideales narratives Element.
Am, was ich vermutete, Morgen nach der ersten Nacht wo niemand schlief spielt sich ein gewisser Teil des Filmes in einer Kirche ab, und die Leute dort verhalten sich so, als hätten sie bereits seit Tagen nicht geschlafen und leiden zu so einem Grade an Schlafmangel, dass sie zu absolut drastischen Massnahmen willig sind.
Sorry, aber ich war auch schonmal für eine ganze Nacht wach gewesen und ja, das kann unangenehm sein, und man wünscht sich mit der Zeit wirklich, dass man einfach wegdösen könnte, und wenn du das dann nicht kannst ist unangenehm… aber die Leute in der Szene (welche vermutlich noch keine 36 Stunden wach gewesen waren) drehen bereits so am Rad, als seien sie Junkies welche im Höhepunkt eines Entzuges wären, zu einem solchen Grade dass ich mich fragte ob ich was verpasst hatte, und WANN sich diese Szene dann genau abspielte. Die Art wie der Film geschnitten war suggerierte, dass es unmittelbar der nächste Morgen ist, die Art wie die Leute sich verhaltete jedoch nicht.
Zur… „Verteidigung“ des Filmes will ich hier noch sagen, dass ein „Experte“ im Film erwähnt, dass die Schlafsentzugssymptome nach dem Vorfall schneller auftreten, was eine Erklärung sein könnte, gäbe es nicht zwei Probleme:
Erstens, der Vorfall ist vor weniger als 24 Stunden passiert, es ist erst eine Nacht ohne Schlaft vergangen, sogar weniger zum Zeitpunkt als die Information ausgeteilt wurde, viel, viel zu wenig Zeit um solche spezifischen Schlüsse zu ziehen (die Tatsache, dass die Experten bereits wissen, dass niemand mehr schlafen kann ist bereits etwas unglaubwürdig) und zweitens ist es einfach eine dumme Idee die Entzugserscheinungen zu beschleunigen, in einem Film wo es doch darum gehen sollte den langsamen Zerfall von Menschen ohne Schlaf zu zeigen.
Aber was das ganze noch blöder macht ist die Tatsache, dass später, nach etlichen Tagen ohne Schlaf gezeigt wird, dass ganze Regierungsinstitutionen mit Armeebewachung noch voll funktionsfähig sind. Ja, die Leute dort sind müde und nicht mehr voll auf der Höhe, aber nach fast einer Woche ohne Schlaf, MIT BESCHLEUNIGTEN SYMPTOMEN sollten 99% der Besetzung TOT sein.
Ausserdem wurde der Film in der Mitte unabsichtlich zu einer Parodie von sich selber, als der „Zerfall“ der Bevölkerung dadurch gezeigt wird, dass du kultmässige Mörderbanden hast, welche durch die Gegend zieht und anderen Menschen auflauert.
Ich verstehe, dass das inzwischen derart ein akzeptiertes Klischee ist, dass der Zerfall der Zivilisation mit der Formierung von kultischen Mörderbanden einhergeht. Von Zombieausbreitungen zu Nuklearem Winter, alle Postapokalyptischen Szenarien kommen mit ihren eigenen Mörderkults und darum sind sie auch in diesem Film drin… nur leider hätte man sich hier etwas mehr Gedanken machen sollen als einfach zu den erst besten Klischees zu greifen, denn auch wenn „wir schliessen uns zusammen und lauern arglosen Opfern auf“ ein Modus ist, dem gewisse Leute in Situationen des Gesellschaftszerfalles durchaus erliegen können… ich halte es für SEHR unglaubwürdig, wenn der Zerfall durch Schlafmangel hervorgerufen wird! Irgendwie habe ich den Eindruck, da würden die Prioritäten dann doch etwas anders liegen…
Keine Ahnung, die ganze Welt dieses Filmes machte für mich einfach null Sinn. Und nicht, weil ich die Prämisse nicht glaube, die fände ich wie gesagt eigentlich gelungen. Aber die Art wie die Macher des Filmes mit der Prämisse umgehen ist einfach unglaubwürdig und nicht nachvollziehbar.
Die einzigen beiden Punkte (abgesehen von der interessanten Prämisse) welche ich als positiv bezeichnen würde sind das Ende und die Schauspieler.
In beiden Fällen kommt das Lob aber mit einem massiven ABER daher:
Das Ende, der Twist, ist durchaus interessant und hätte funktionieren können, wenn es nicht ab der zehnten Minute des Filmes klar gewesen wäre, worauf es hinaus liefe. Und die Schauspieler will ich nicht loben, weil ihre Schauspielerei so gut ist, sondern eher, weil ich denke, dass SIE ihren Job gut gemacht haben… der Regisseur aber nicht.
Die Arbeit der Schauspieler wirkte oft etwas verwirrt oder unpassend, aber die Schauspieler schienen sich wirklich Mühe zu geben. Ich hatte mehr den Eindruck, dass sie einfach ohne vernünftige Regie arbeiten mussten und darum verzweifelt versuchten, etwas aus den undankbaren Rollen rauszuholen, mit denen sie sich konfrontiert fanden.
Also ja… auch die beiden Aspekte des Filmes sind auch nicht wirklich kompromisslose Positive.
Fazit: Gutes Konzept, leider völlig die Toilette runtergespült.