Eigentlich wollte ich auch noch zum meinem Kinobesuch von The Irishman etwas schreiben, aber mein Loblied auf Marraige Story lief derart aus dem Ruder dass ich mich nun auf den einen Film beschränke:
Marriage Story von Noah Baumbach 9/10
Als Info vorab: Ich habe mich in den vergangenen Monaten in die Filmographie von Noah Baumbach eingearbeitet und nachdem ich von Frances Ha restlos begeistert war (einer der auserwählten Filme dem ich die volle Punktzahl geben würde), folgten mit Mistress America, *While We‘re Young" (Gefühlt Mitte Zwanzig), Greenberg und The Meyerowitz Stories (New and Selected) eine weitere Reihe an Filmen welche mir sehr viel Spass bereiteten. Natürlich werde ich auch noch seine weiteren Filme anschauen, gerade weil z.B. The Squid and the Whale sein bisher einziger Film ist, der für den Oscar nominiert war. Damit will ich eigentlich nur sagen dass meine Meinung zum Film nicht die reflektierteste ist, da ich durchaus Fan des Regisseurs bin.
Ich muss aber auch zugeben dass sich meine Vorliebe für Baumbach’s Filme oftmals mit meinem Greta Gerwig Fantum kreuzt. Obwohl sie in Marriage Story nicht autaucht, gibt es im Film wieder eine gute Mischung aus neuen und altbekannten Gesichtern aus dem Baumbach Universum zu sehen. Dazu zählt unter anderem der von mir hoch geschätzte Adam Driver, der bereits zum vierten Mal mit Noah Baumbach zusammenarbeitet und der in diesem Film seine bisherige Karrierebestleistung abliefert, aber dazu später mehr.
Ich hatte Marriage Story schon seit einiger Zeit auf meinem Radar, noch lange bevor ich mich mit dem Regisseur auseinandersetzte. Als ich dann aber Frances Ha gesehen hatte und später dann die ersten, überschwänglichen Kritiken von der Premiere von Marriage Story am Filmfestival in Venedig kamen, war ich ziemlich gehypt auf den Film. Daher stand es auch ausser Frage dass ich den Film im Kino anschauen werde falls ich die Möglichkeit habe.
Es ist natürlich gefährlich mit zu grossen Erwartungen ins Kino zu gehen, gerade wenn man wie dieses Jahr bereits so viele grossartige Filme gesehen hat. So kam es dann auch das der Film ein wenig Zeit brauchte um mich zu erreichen. Zum einen brauchte ich nach dem Film Zeit um das Gesehene zu verarbeiten und zum anderen ist es so dass der Film nach dem tollen Anfang ein wenig Zeit braucht um in die Gänge zu kommen. Danach ist es allerdings ein Steigerungslauf der sich bis zum Ende durchzieht.
Thematisch dreht sich Marriage Story um ein Ehepaar, gespielt von Adam Driver und Scarlett Johannson. Er ist Theaterregisseur und sie eine Schauspielerin die zusammen mit ihrem Sohn (Azhy Robertson) in New York leben. Da sich die Wünsche und Bedürftnisse der beiden Eheleute immer mehr auseinander bewegen, beginnt ein Ehe-/Scheidungskrieg der anfangs in diesem Ausmass noch gar nicht absehbar war.
Soweit zur Story. Obwohl die Thematik finster klingt und es in der Tat schmerzlich zu sehen ist, was solch eine Scheidung alles mit sich bringt, behält sich der Film eine gewisse Leichtigkeit inmitten der ganzen Tragik. Dies liegt unter anderem am Humor der immer wieder durchbricht. Sogar vor der einen oder anderen Slapstick Einlage macht der Film keinen Halt und trotzdem behält der Film stets seine Glaubwürdigkeit. Daher ist der Film für mich auch nicht ganz mit z.B. Szenen einer Ehe von Bergman zu verglichen, der zwar eine perfekte Psychoanalyse bietet, aber der im Gegensatz zu Marriage Story doch ein ganzes Stück trockner und niederschmetternder daher kommt. Kramer vs. Kramer passt da doch schon eher, obwohl man „Marriage Story“ natürlich als eigenes Werk sehen sollte. Insgesamt fand ich vor allem toll zu sehen dass der Film keine direkte Position bezieht und dass man beide Parteien irgendwie nachvollziehen konnte.
Dies ist unter anderem auch dem überragenden Schauspiel zu verdanken. Wie schon oben erwähnt, bei Adam Driver können einem schnell die Superlative ausgehen. Phoenix, DiCaprio, Banderas, DeNiro, etc. in allen Ehren, aber nichts würde mich mehr freuen als ein Oscargewinn für Adam Drivers Leistung in diesem Film. Das ist aber noch nicht alles, neben Driver fällt Scarlett Johannson’s Leistung in keinster Weise ab. Auch sie ist einfach nur unglaublich gut und ich habe mich sehr gefreut sie auch mal wieder abseits von den ganzen Marvel Filmen in einem Film zu sehen, in dem sie auch endlich mal wieder ihr ganzes Können unter Beweis stellen kann. Da gibt es z.B. ein Take das ca. 4,5 Minuten ohne Schnitt durchläuft in der sie zu ihrer Anwältin spricht und dabei schluchzt, weint, lacht und sich laut eigener Aussage strikt an das Drehbuch halten musste. Wenn mich jemand fragt wer besser war in diesem Film, Driver oder Johansson. Ich wüsste nicht wer, beide sind einfach nur grossartig. In einer weiteren Szene eskaliert ein Gespräch der beiden zu einem heftigen Streit. Die Szene ist komplett ohne Musik und besteht nur aus dem Wortgefecht und ich hatte am Schluss Tränen in den Augen weil die Szene derart intensiv und herzzerreissend gespielt war.
Und ja, Laura Dern ist auch noch in diesem Film und auch ihre Leistung ist ebenfalls ganz, ganz toll. Sie hat zwar etwas weniger Screentime aber jede Szene mit ihr ist ein Genuss. Auch der Junge der den Sohn spielt, Azhy Robertson, möchte ich noch positiv erwähnen. Er fühlte sich zu keinem Zeitpunkt als Fremdkörper an sondern spielt seine Rolle bemerkenswert. Insgesamt war der gesamte Cast ziemlich gut, allerdings haben fast alle zu wenig Szenen um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Da sind allenfalls noch Alan Alda, Ray Liotta oder Merrit Wever die ein wenig herausstechen.
Zum Schluss möchte ich noch die Filmmusik von Randy Newman erwähnen, welche zwar unaufdringlich daher kommt, aber diesen Film genauso untermalt wie es sein sollte. Apropos Musik, Adam Driver singt ein Lied in diesem Film und ich liebe es. Definitiv eine meiner Lieblingszenen die ich dieses Jahr im Kino gesehen habe.
Vielleicht konnte man es ein wenig herauslesen, aber ich fand den Film sehr gut und ich freue mich bereits in noch einmal zu schauen wenn er dann am 6. Dezember auch auf Netflix erscheint. Zudem hoffe ich wirklich dass er in der kommenden Awardseason den einen oder anderen Preis abgreifen kann, speziell für die Schauspieler.