Donald Sutherland ist ein weiterer Schauspieler der alten Garde der mich von klein auf begleitet hat und den ich immer sehr faszinierend fand.
Es gibt Schauspieler, die sich in ihren Rollen bis zur Unkenntlichkeit verwandeln können oder mit ihrem Körper die unglaublichsten Dinge anstellen. Donald Sutherland gehörte nicht dazu.
Er besaß, was nur die Größten vor der Kamera haben: eine ganz spezielle Aura und Gravitas. Er konnte tief verletzlich wirken, draufgängerisch, hart oder bedrohlich und wenn er mal lächelte, dann hatte er das Publikum endgültig auf seiner Seite.
Seine stärkste Phase waren die 70er Jahre.
Hier ein paar persönliche Favoriten von seinen Filmen und Rollen die bei mir bis heute nachhallen.
1900 - Novecento (1976)
Regie: Bernardo Bertolucci
Der Film:
Dieses Generationen übergreifendes Epos ist gewagt,streitbar,parteiisch, brutal,erotisch, elegisch, lyrisch und soviel mehr. In seiner Opulenz wirkt der Film wie eine gigantische Oper, zu der auch ein gewisser Schuss Pathos gehört. Ein Erlebnis auf allen Ebenen.
Donald Sutherland liefert als Attila eine unfassbar-dämonische Vorstellung, seine Figur ist die Personifizierung des Grauens, des Hasses und der Gewalt des Faschismus. So intensiv und verabscheuenswürdig, die wohl beste Leistung seiner Karriere.
Als extra Bonus wird alles begleitet von der großartigen Musik von Ennio Morricone.
Fellinis Casanova (1976)
Regie; Federico Fellini
Der Film:
Viel zu früh gesehen und mich ein wenig verstört zurückgelassen aber mit den Jahren schätze ich den Film für das was er ist. Ein pompöser und grimmiger Bilderreigen.
Mit einem Hauch von trauervoller Feierlichkeit und Eleganz versehen, verlässt dieser Film den Realismus zugunsten eines stilisierten romantischen Pessimismus (…). Die visuelle Kühnheit und pure Fantasie jeder einzelnen Einstellung lassen den Film zu einem elegischen Abschied von einer Ära des italienischen Kinos werden und Donald Sutherlands Darbietung ist das verblüffendste Beispiel von Schauspielkunst seit Marlon Brandos in Last Tango in Paris . (Scott Meek, Time Out Film Guide)
Der Tag der Heuschrecke - The Day of the Locust (1976)
Regie: John Schlesinger
Lange vor Damien Chazelle Babylon gab es diese Abrechnung mit der Traumfabrik.
In der Romanvorlage schilderte Nathanael West Hollywood als ein Sodom der Verlogenheit und Oberflächlichkeit. Die Verfilmung übernahm Wests entlarvende Perspektive auf die menschenverschlingende Traumfabrik, milderte das apokalyptische Sittengemälde jedoch durch eine glamouröse Ausstattung im Nostalgie-Trend der 1970er-Jahre.
Donald Sutherland als zurückgezogener, verklemmter und bemitleidenswerten Spießer Homer Simpson ist einfach nur exzellent und was er am Ende mit einem sehr jungen und nervigen Jackie Earle Haley macht hab ich in einem großen Hollywoodfilm auch noch nicht gesehen.
Wenn die Gondeln Trauer tragen - Don’t Look Now (1973)
Regie: Nicolas Roeg
Der Film ist ein zeitloses und beklemmendes Meisterwerk des psychologischen Horrors. Atmosphärisch dicht inszeniert, der die Grenzen von Realität und Fantasie verschwimmen lässt. Mit der schönsten und kunstvollsten Sexszene der Filmgeschichte.
Auch unvergessen wo Donald Sutherland seine Tochter aus dem Teich retten will.
Pino Donaggio wunderschönes Love Theme.
Die Körperfresser kommen - Invasion of the Body Snatchers (1978)
Regie: Philip Kaufman
Meine erste Erinnerung an den Film war nicht der Film an sich sondern eine Mad Magazin Ausgabe wo ich Bilder über den Film entdeckt habe (die ich als Kind immer geliebt habe ).
Dieser Film ist ein gutes Beispiel für ein selbstbewusstes Remake.Der Elemente aus der Romanvorlage wie auch aus Siegels Originalfilm nutzt um diese zu verfeinern. Sehr einfallsreich neu erforscht und geschickt aktualisiert für ein neues Publikum.
Der Film macht mir bis heute Spaß und hat so ein bitteres Ende wie ikonisches Schlussbild (dank Donald Sutherland Schrei ).
Eine ganz normale Familie - Ordinary People (1980)
Regie; Robert Redford
Redford hat in seinem Regiedebüt eine intime, zurückgenommene Studie über Trauer und deren Bewältigung erschaffen. Man bekommt ein schönes und unsentimentales Familiendrama, das in seiner Mach- und Tonart noch unzählige Male kopiert werden sollte,
Donald Sutherland liefert auch hier eine seiner besten Leistungen, als verständnisvollen aber pragmatischen Ehemann/Vater, der zwischen seiner streitsüchtigen Frau und seinem Sohn gefangen ist.
Weitere Highlight: MASH*** (1970), Klute (1971), Das dreckige Dutzend (1967), Stoßtrupp Gold (1970), Der große Eisenbahnraub (1979), Die Nadel (1981) Lock Up – Überleben ist alles (1989), JFK – Tatort Dallas (1991) u.v.m.
Adieu Donald Sutherland !