Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse
(Achtung - kleinere Spoiler!)
Vier Jahre nach „Grindelwalds Verbrechen“ ist der dritte Teil der Phantastische-Tierwesen-Reihe endlich da und hat mehrere Stolpersteine vor sich. Der zweite Teil ist bei Fans und Kritikern auf viel Gegenwind gestoßen, Johnny Depp wurde aufgrund seines privaten Rechtsstreits durch einen neuen Schauspieler (Mads Mikkelsen) ersetzt und J. K. Rowling äußert sich weiterhin in aller Öffentlichkeit transphob. Den letzten Punkt muss jeder für sich reflektieren und anschließend beurteilen, ob er die Drehbuchautorin und Rechteinhaberin mit seinem Kinoticket ein Stückweit finanziell unterstützen möchte oder nicht. Dazu sei aber gesagt, dass an „Grindelwalds Verbrechen“ zahlreiche andere Menschen beteiligt waren, die ihr Herzblut in die Produktion und Verwirklichung dieses Projekts gesteckt haben. Mit einem Kinobesuch wertschätzt man also auch deren Arbeit. Doch wie ist er denn nun geworden, der dritte Phantastische-Tierwesen-Film?
Die Geschichte beginnt mit Newt Scamander und der Geburt zweier Qilin-Geschöpfe. Diese gelten als äußerst seltene, magische Kreaturen, die zahlreiche Fähigkeiten besitzen. In falschen Händen können sie zu einem mächtigen Werkzeug werden und der Person, die sie umbringt, mit ihrem Blut einen Blick in die Zukunft gewähren. Mithilfe von Credence gelingt es Gellert Grindelwald, eines der beiden Qilin zu entführen und damit die Macht zu erlangen, zukünftige Ereignisse zu sehen. Das andere Qilin, von dem Grindelwald nicht erfährt, bleibt bei Newt zurück, der nun zusammen mit alten sowie neuen Freunden nach Hogwarts reist, um mit Dumbledore zu besprechen, wie sie gegen Grindelwald, der inzwischen einflussreicher und gefährlicher denn je ist, vorgehen können.
Was an „Dumbledores Geheimnisse“ relativ früh im Film positiv auffällt, ist der große Fokus auf eine klare und kohärente Geschichte. Während „Grindelwalds Verbrechen“ noch daran scheiterte, mehrere wirre Expositionsfetzen zu vereinen, ist sein Nachfolger merkbar verständlicher und dadurch stimmiger aufgebaut. Schön ist auch, dass Newt Scamander und seine Tierwesen diesmal wieder eine größere Rolle spielen. Newt ist keine Flipperkugel mehr, die von Location zu Location und von Charakter zu Charakter geschnipst wird, sondern ein fester Bestandteil der Handlung. Vor allem die erste Filmhälfte gibt sich große Mühe, ihm und den Tierwesen genug Action und ruhige Momente einzuräumen, was den Film teilweise wieder auf seine Wurzeln - die fantastischen Tierwesen - besinnt. Schöne Sache, Ha…Newt!
Die Mischung aus Abenteuer, witzigen Momenten, fantasievollen Kämpfen und dem bedrohlichen Vorgehen von Grindelwald hat mir in der ersten Hälfte sehr gefallen. Mads Mikkelsen macht einen wunderbaren Job als Gellert Grindelwald und passt sowohl vom Aussehen als auch vom nuancierten Schauspiel deutlich besser zum geerdet auftretenden Dumbledore von Jude Law als noch der etwas zu stilisierte Johnny Depp. Dennoch muss man „Dumbledores Geheimnisse“ ankreiden, dass dieser Film in keinster Weise darauf eingeht, warum Grindelwald nun ganz anders aussieht als am Ende von Teil zwei. Dass Ezra Miller als Credence plötzlich schulterlange Haare hat, nimmt man als einen kleinen Zeitsprung hin, aber für Grindelwalds neues Aussehen fehlt es an einer Begründung. Etwas schade, dass ein Film, der sich die kreativsten Zaubereffekte und detailverliebten Hintergründe ausdenkt, keine Idee hat, um den „neuen“ Grindelwald einzuführen.
Schauspielerisch gibt es aber nichts zu beanstanden. Eddie Redmayne spielt ebenso gut wie in den beiden Vorgängern, Jude Law kommt als Dumbledore noch sympathischer rüber als in Teil zwei, Jessica Williams ist richtig charmant, Oliver Masucci eine positive Überraschung und Dan Fogler das klare Highlight des Films. Auch in diesem Bereich zeigt sich „Dumbledores Geheimnisse“ stärker denn je und setzt auf einen ausgewogenen Cast, der bis zum Schluss gut funktioniert. Lediglich auf eine Person müssen die Fans leider größtenteils verzichten, die aber immerhin nicht komplett wegfällt.
In Sachen Regie und Schnitt gibt es mit dem eingespielten Duo bestehend aus David Yates und Mark Day keine Veränderungen, was dafür sorgt, dass man direkt wieder dieselbe Bildsprache zu sehen bekommt wie in den vorigen Filmen. Lediglich die Musik von James Newton Howard bleibt diesmal überraschenderweise nicht hängen und präsentiert sich etwas mutlos.
Kommen wir zu dem, was in „Dumbledores Geheimnisse“ nicht funktioniert. Was in den ersten 60-80 Minuten noch als wunderbares Abendteuer beginnt, fängt in der zweiten Filmhälfte an auseinanderzubröckeln. Das große Problem der ganzen Phantastische-Tierwesen-Reihe ist, dass man verzweifelt versucht, die Geschichte um Newt Scamander um einen riesigen, die ganze Welt bedrohenden Grindelwald-Plot zu erweitern. So schaut sich auch der dritte Teil der Reihe wie zwei Filme, die mit Sekundenkleber unsauber zusammengeklebt wurden. Wir sehen Newt, wie er seinen Bruder befreit und dabei die krabbenähnlichen Wesen mit einem Tanz ablenkt. Cut - Oliver Masucci hält eine minutenlange Rede mit einem versteinerten Gesicht in einer grau-blauen Kulisse. Jacob Kowalski erkundet die magische Welt und freut sich wie ein Kind, sobald er Hogwarts erblickt. Cut - Mads Mikkelsen starrt in die trübe Ferne und bricht zu einem unterkühlten Abendessen auf, das sich wie ein Parteitag anfühlt. Newts voller Überraschungen strotzender Koffer bekommt Beine und rennt davon, während der Film auf Propagandaplakate, eine aufgebrachte Menge und einen grübelnden Dumbledore umschwenkt. Immer wieder, wenn es um Dumbledore und Grindelwald geht, will ich viel lieber Newt und seine Tierwesen sehen. Sie machen den Charme der ganzen Filmreihe aus und sie sorgen für ein abwechslungsreiches Seherlebnis. Doch in „Dumbledores Geheimnisse“ schlagen zwei Herzen, wobei mir die ganze Tristesse rund um Grindelwald weitaus weniger gefallen hat. Das liegt auch daran, dass es auf seiner Seite keine Charakterentwicklung gibt. Während wir Newts Freunde kennenlernen und in verschiedenen Szenen beobachten dürfen, bleiben alle Charaktere rund um Grindelwald absolut gesichtslos. Sie schauen böse, weil sie böse sind. Wer hier eine ähnliche Charakterzeichnung wie bei den Handlangern von Voldemort erwartet, wird bitter enttäuscht werden. Eine Bellatrix Lestrange oder einen Fenrir Greyback sucht man hier vergeblich.
Weiterhin tut sich „Dumbledores Geheimnisse“ mit dem Einsatz von Zaubern schwer. Tatsächlich ist mir das im dritten Film stärker aufgefallen denn je. In den Harry-Potter-Filmen werden Zaubersprüche fast immer ausgesprochen und haben oft eine individuelle Animation. Die Kämpfe in „Dumbledores Geheimnisse“ hingegen sind gespickt mit blau und grün aufblitzenden Zaubern, wobei wir fast nie hören, wie jemand einen Zauberspruch wirklich ausspricht. Viel mehr werden hier Zauberstäbe wie Peitschen benutzt, bei denen die Peitschenhiebe größtenteils gleichmäßig blau aufblitzen. Der Todesfluch „Avada Kedavra“ wird durch ein grünes Aufblitzen ersetzt, dem es an jeglicher Einschlagswucht mangelt. Ich habe im ganzen Film vielleicht zwei, drei Mal gezählt, wie jemand gut hörbar einen Zauber ausspricht. Drumherum sind die Zauberduelle oftmals schön eingefangen, aber wer sich klassische Harry-Potter-Zaubersprüche mit fantasievollen Effekten verspricht, wird hier nicht fündig werden.
Das Ende von „Dumbledores Geheimnisse“ hat ebenfalls seine Licht- und Schattenseite. Während ich es mochte, dass der Film die erzählerischen Fäden sauber zusammenführt und nicht mit einem unnötigen Cliffhanger abblendet, fand ich die Art, wie die letzte halbe Stunde rund um Dumbledore und Grindelwald abläuft, ein wenig ernüchternd. Ich hätte mir von Grindelwald eine fiesere Art gewünscht, eventuell ein brutaleres Vorgehen, aber dann kam alles doch relativ klassisch daher. Die sehr kitschige Schlussszene hat dabei auch nicht unbedingt geholfen.
Am Ende des Tages ist der dritte Teil der Phantastische-Tierwesen-Reihe ein solider Film, der viele Fehler des Vorgänger nicht wiederholt. Das Abendteuer von Newt Scamander und seinen Tierwesen macht Spaß, die Geschichte schlägt eine klare Richtung ein und die knapp 140 Minuten sind eine gute Laufzeit. Und trotzdem hat dieser Film seine großen Probleme. Die zweite Hälfte wird sehr ernst, zäh und die ganze zauber-politische Auseinandersetzung beißt sich mit den lockeren Momenten des Films. „Dumbledores Geheimnisse“ hätte nur mit Newt, seinen Tierwesen und seinen Freunden großartig funktioniert. Mal ein Ausflug nach Hogwarts, mal nach Hogsmeade und dann ab in den Scamander-Koffer. Stattdessen müht sich der Film an einer tristen Bildsprache ab, die zwischen gesichtslosen wütenden Massen, Grindelwald und seinen eindimensionalen Schergen pendelt. In seinen schwächsten Momenten verliert „Dumbledores Geheimnisse“ sogar seinen Sinn für die Magie und inszeniert Duelle auf eine eintönige Weise. Dennoch ist all das viel besser als das Chaos in „Grindelwalds Verbrechen“ und schließlich bekommen wir ein einigermaßen rundes Ende.