Napoleon - Director’s Cut
Hab ich mir mal im Rahmen des freien Apple TV Wochenendes gegönnt.
Mit „Kingdom of Heaven“ hat Ridley Scott meiner Meinung nach eine der signifikantesten Verbesserungen von einem Kinoschnitt zum Director’s Cut überhaupt abgeliefert.
Deswegen habe ich mir bei „Napoleon“ die Ursprungsfassung gleich geschenkt… und bin einigermaßen schockiert. Klar war meine Erwartungshaltung hoch, aber das ist wirklich sehr enttäuschend.
Scott kann weder ein interessantes Psychogramm noch ein imposantes Schlachtengemälde liefern. Fast überall wird der Fokus falsch gesetzt. Während die bekanntesten Schlachten alle 30 Minuten in fünfminütigen Blöcken abgehandelt werden, bleibt der Rest für die Beziehung zu seiner Josephine und Politik.
Ersteres leidet unter einer vollkommen fehlenden Chemie der Beiden und die Frage, was mir jetzt diese Beziehung über Napoleon sagen soll; Letzteres unter der fehlenden Erklärung warum Bonaparte diese Macht hat, zum Volkstribun wurde und so viele Strippen in der Hand hat.
Besonders die Verbindung zum Volk, die bei der Erklärung von solchen Führern immer wichtige Hinweise liefert, fehlt vollkommen. Alles was die handelnden Figuren tun wirkt entkoppelt von der Außenwelt.
Weder Napoleon - der von einem auf Sparflamme, ja fast schon apathisch agierenden Pheonix gemimt wird - noch irgendeine andere historische Figur, die ohne jegliche Kohärenz kommen und gehen, wird einem so näher gebracht.
Generell ist der Film genauso kalt wie seine entsättigten digitalen und künstlichen Bilder. Es gibt absolut keinen emotionalen Anker oder irgendwas an das man sich als Zuschauer klammern kann.
Alles wirkt wie im Zeitraffer, obwohl man sich knapp 3,5 Stunden Zeit nimmt.
Besonders bizarr bei der Schlacht von Waterloo, der am Ende wenigstens etwas mehr Zeit eingeräumt wird. Warum bizarr? Nun… ich kenne „Waterloo“ von 1970 und die letzten 30 Minuten von „Napoleon“ wirken wie ein Best-of davon
Natürlich sind die Schlachtenszenen im alten Film dann auch gleich um viele Welten besser, weil mit Zehntausenden Statisten real gedreht.
Die letzte Texttafel am Ende deutet für mich darauf hin, dass man Napoleon hier demystifizieren und entheroisieren wollte. Wie soll das gelingen, wenn es nie gelingt den Mythos darzustellen?
Immerhin Ausstattung und Kostüme sind toll.
2,5 von 5 Sternen.