Darkest Hour:
Bin sehr gespalten was den Film angeht. Er hat eine Menge Stärken, aber auch viele Schwächen. Und diese beiden Seiten können in praktisch allen Aspekten des Filmes gefunden werden.
Nehmen wir einmal die Schauspieler. Gary Oldman als Churchill macht einen fantastischen Job, wie könnte es auch anders sein. Aber herausragend sind auch viele der kleineren Nebenrollen. Lily James als Churchills Sekretärin macht einen wirklich guten Job, aber vor allem gefallen hat mir Ben Mendelsohn, hervorragend gecastet für die Rolle als König Georg VI (die Rolle welche Collin Firth damals den Oskar für “King’s Speech” eingebracht hatte). Sein Auftritt ist sehr subtil, sehr diskret, und obwohl es so einfach gewesen wäre, das berühmte Stottern in den Vordergrund zu stellen oder es zumindest mal anzusprechen wird es nie spezifisch erwähnt, ist aber dennoch vorhanden, wenn man darauf achtet. Hervorragend.
Aber wie gesagt, zur guten Seite kommt hier schnell wieder der eher Schwächere Aspekt, und hier würde ich dem Regisseur die Schuld in die Schuhe schieben. Denn nicht alle Charakter-Eigenschaften der Personen werden so subtil dargestellt, und viele Aspekte von Churchill selber werden sowas von überrissen dargestellt, dass sie zum Teil fast irritierend wurden. Jaja, Churchill trank viel Alkohol… aber war es wirklich nötig ihm in jeder zweiten Szenen auf humoristische Art ein Glass serviert bekommen lassen? Ja, Churchill war ein exzentriker, aber heisst dass wirklich dass man dieses Element in allen möglichen Szenen als Humor-Einlage einspielen musste? Gary Oldman macht wie gesagt eine fantastische Arbeit mit dem, was der Regisseur von ihm verlangt, aber der Regisseur hätte zwischendurch halt etwas mehr Fingerspitzengefühl beweisen können.
Ähnlich zweischneidig ist das Drehbuch. Auf der einen Seite enthält der Film sehr viele Elemente, welche Churchill als Charakter in seiner Zeit und seiner Situation bodigt, wie seine Frau, seine Sekretärin und der ganze Politik-Plot mit seinen Rivalen. Die gewählte Zeit und das Gewählte Drama, die Evakuierung der Britischen Truppen in Dunkirk (interessant, dass dies gleich der zweite Film in diesem Jahr ist, welcher diese Geschichte erzählt, und praktischerweise von einem ganz anderen Blickwinkel) geben hervorragend Kontext…
Das Problem ist, dass die Hälfte dieser Elemente zwischendurch einfach immer wieder verschwinden, oder nicht befriedigend aufgelöst werden. Ein Beispiel eines Historien-Filmes welcher ähnlich viele Stränge am laufen hat wäre “Lincoln”, ein Film bei dem jedoch jedes dieser Elemente zum Schluss eine komplette Erzählung hat, und nicht die Hälfte auf dem Weg verloren ging.
Und zu guter Letzt kommt die Art wie Churchill präsentiert wird (nicht im Sinne des Schauspielers, sondern inhaltlich). Gary Oldmans Charakter kämpft in diesem Film mit der Last der ihm anvertrauten Arbeit. Die Leute um ihn herum trauen ihm nicht, die meisten glauben nicht, dass er richtig handelt und seine Kompetenz wird von Anfang bis zum Schluss in Frage gestellt. Seine Wiederwilligkeit, die Waffen niederzulegen, oder auch nur über Friede nachzudenken sind ein völlig zentrales Element des Filmes.
Hier aber liegt das Problem: Der Film zeigt zu keinem Zeitpunkt, warum er recht hat, und das Misstrauen ihm gegenüber fehlgeleitet ist! Ja, wir wissen, dass er recht hatte, wir wissen dass es nötig war gegen Hitler zu kämpfen, und wir wissen, dass der britische Wiederstand schlussendlich einer der Schlüssel zum Sieg gegen die Nazis war… aber wenn ich mir den Film ansehe, und mir überlege, was dieser Film einem Publikum zeigen würde, welches mit der Geschichte nicht sehr vertraut ist, dann muss ich sagen, dass es einfach nicht funktioniert. Churchill wirkt zu keinem Zeitpunkt kompetent, nichts was er macht gibt dem Zuschauer Zuversicht, dass der Protagonist richtig handelt. Seine Philosophie, nicht mit dem Feind über Friede zu reden ist auch sehr fragwürdig… gerechtfertigt, ja, weil wir wissen was historisch auf dem Spiel steht… aber der Film erwartet einfach, dass du es weisst. Und ohne diesen Kontext, der im Film einfach nicht gegeben wird sondern vorausgesetzt wird, wirkt Churchill wie ein unverbesserlicher Kriegs-Romantiker, der bereit ist seine Männer zu opfern, nur weil er sich keinen Niederlage eingestehen will!
Man mag hier vielleicht sagen, dass das ein komischer Kritikpunkt ist. Wer schaut sich schon einen solchen Film an, ohne den Kontext zu kennen? Und das stimmt natürlich zu einem gewissen Grad. Aber dennoch bin ich der Meinung, dass ein Film den Kontext seiner Themen zeigen muss, da die Erzählung sonst flach fällt, und der Zuschauer nur aus dem Film rausholen kann, was er bereits reingebracht hat. Der Film “Monument Men” von George Clooney, in welchem er und andere berühmte Schauspieler eine Sondereinheit spielt, welche historische Kunstgegenstände vor den Nazis retten sollten ist zum Beispiel auch so ein Film, welcher als thematische Grundlage zwar hat “Ist es Wert zu kämpfen und zu sterben, um ein Paar Bilder und Statuen zu retten?”… der Film jedoch wirft diese Frage nur auf, und gibt zu keinem Zeitpunkt den nötigen Kontext um das Thema mit den Charakteren zu bearbeiten… was dazu führte dass ich aus dem Kino kam und meinen Meinung sich kein bisschen entwickelt hatte. Und Churchill macht den genau gleichen Fehler. Wenn man reingeht mit dem Verstäntniss, dass Churchills Philosophie damals die richtige für die richtige Zeit gewesen war, dann gibt dir der Film nichts neues, nicht einmal eine neue Perspektive welche das Thema neu beleuchtet, und wenn du ohne diese Idee reingehst, dann gibt dir der Film rein gar Nichts um ein Verständniss für die thematische Grundlage des Filmes zu erhalten.
Was der Film dann aber wieder gut macht ist, zu visualisieren wie der Charakter Churchill unter der Situation leidet. Die Kamera und das Framing des ganzen Filmes machen einen hervorragenden Job zu zeigen, wie Churchill wortwörtlich eine Last auf seinen Schultern trägt und sich oft verloren, unsicher oder gefangen fühlt.
Wie man also sieht habe ich viel am Film zu bemängeln, aber auch viel zu loben. Ich würde den Film empfehlen, da die positiven Aspekte doch sehr stark sind, aber die Mängel darf man auf keinen Fall übersehen, nur weil man beeindruckt ist, wie toll doch Gary Oldman einmal mehr schauspielen kann.
Fazit: Starke Schauspieler, wankelhafte Regie, unfokusiertes Skript voller sehr starker Elemente… ein Film mit zwei Seiten in jeder Hinsicht.