Macbeth (2015)
Anfangs gefiel mir der Film wirklich sehr gut; die Geschichte geht gleich hochdramatisch los, die Figuren und ihre Überlegungen und Handlungen, wie sie versuchen herauszufinden, was das Leben für sie bereithält und ob man sein prophezeites Schicksal “in die eigene Hand nehmen kann”, um es zu erfüllen oder gerade nicht, versprüht direkt diese Gravitas, die man von antiken Geschichten her kennt. Auch dieser psychologische Ansatz für Macbeth und Lady Macbeth gefiel mir. Das dann noch in ansprechende Bilder gepackt, was soll da noch schiefgehen?
Im Großen und Ganzen zwei Dinge: erstens, irgendwann wirkt die sehr kunstvolle Inszenierung, im speziellen das extreme color grading, stark übertrieben und sehr gimmickhaft. Das liegt auch daran, – und das ist der zweite und viel wichtigere Punkt – dass die Geschichte an sich einfach nicht viel mehr zu bieten hat, was nach dem Auftakt noch kommt: Im Grunde verliert Macbeth nur noch seinen Verstand und heult rum und es kommt zum Showdown mit seinen Gegnern. Es findet auch keine richtige Diskussion mehr mit Lady Macbeth statt, ob es richtig war, was sie getan haben oder nicht etc. Ich kenne das Original nicht, habe aber gelesen, dass Lady Macbeth dort eine deutlich wichtigere Rolle einnimmt.
Auch sonst wirkt die ganze Geschichte eher sprunghaft, als hätte man viel “rausgeschnitten”, aber selbst der Rest vermochte es nicht, mir die Figuren oder ihre Motivationen näher zu bringen oder anderweitig die Spannung des Anfangs aufrechtzuerhalten. Sehr schade.
5/10
Rear Window (1954)
von Alfred Hitchcock
Die Prämisse ist sicher eine der ikonischsten der Filmgeschichte, die viele Male die Ausgangsituation für andere Filme (oder Parodien) mit neuen kreativen Ideen gebildet hat und noch bildet (aktuell könnte man “Girl on the Train” sicher dazu zählen). “Rear Window” selbst ist von der Story her allerdings vergleichsweise eher “straightforward” und bis auf das Ende dann gar nicht so spannend wie ich zumindest erwartet hatte. Sehr gut gefallen hat mir dann vor allem die Inszenierung Hitchcocks mit ein paar tollen Kamerafahrten und dass man praktisch alles aus dem selben Raum mit der Hauptfigur miterlebt. Im Grunde einer dieser Film, sie so gut gemacht sind, dass sie niemals wirklich altern.
7/10
The Handmaiden / Ah-ga-ssi (2016)
von Park Chan-wook
Ein Film bei ich extrem hohe Erwartungen hatte, weil ich Oldboy fantastisch fand und Stoker sogar zu meinen absoluten Lieblingsfilmen zähle. Sogar so hoch, dass ich sehr lange gewartet habe, mir den neuesten Film anzusehen, da ich wusste, er würde sie nur schwer erfüllen können. Aber was soll ich sagen: Park Chan-wook hat es einfach drauf, Filme zu machen, die mich inhaltlich mit ihren “abgefahren”, immer bis ins Extreme gedachten Ideen und “abgefuckten” Figuren anzusprechen und das Ganze optisch mit einem ganz eigenen detailverliebten Stil zu untermalen, so dass alles eine wunderbare Einheit ergibt. Einfach Filmgenuss pur. Und so ist es auch wieder bei “The Handmaiden”.
Ich will gar nichts groß zur Story selbst erzählen, denn wie sich die detailliert ausgearbeitete Story langsam entfaltet ist sicher Teil des Spaßes. Sie wird zunächst grob skizziert und ist hier schon sehr interessant. Aber das Beste ist, wie durch verschiedene erzählerische Mittel immer mehr Details eingefügt werden, sie dichter und dichter wird und viele verschiedene Schichten nach und nach beleuchtet werden. Park Chan-wook schafft es hier einfach spielerisch, ernste Töne mit leichter Absurdität und recht explizierter aber niveauvoller Erotik zu verbinden. Wirken diese Szenen anfangs manchmal noch als sollten sie nur weitere “optische Elemente” sein, wird nach und nach immer klarer, dass sie genauso auch ein erzählerisches Mittel sind, um verschiedene Motive und Entwicklungen der Figuren zu unterstreichen.
Eine weitere Sache, die mir bei Park Chan-Wook immer sehr gefällt, ist, dass ich das Gefühl habe, er hat das Ziel der Geschichte grob im Kopf und wenn er an den Punkt kommt, wo er sich entscheiden muss, "verändere ich hier die Story leicht, damit die Figuren konventioneller (und damit vielleicht gleichzeitig auch für den Zuschauer zugänglicher) bleiben können oder verändere ich die Figuren in Richtung ‘ungewöhnlicher’ oder auch ‘abgefuckedter’, um dafür die Geschichte mit allen Konsequenzen durchziehen zu können, entscheidet er sich stets für letzteres. Dadurch werden sicher auch einige Leute durch Story oder Figuren abgeschreckt, aber mir gefällt diese Konsequenz umso mehr.
Der letzte Punkt, den ich noch herausstellen will, ist die ganze Optik und Ästhetik (aber auch das Zusammenspiel mit dem Soundtrack) des Films. Allein schon die Auswahl der Locations ist so gut, dass sie fast schon eine weitere Hauptrolle spielen. Das Framing, die unzähligen visuell stimulierenden Details, die es in fast jedem Shot zu entdecken gibt, machen den Film neben den inhaltlichen Dingen auch visuell zu einem ganz besonderen Film.
9/10