Lady Bird
Greta Gerwig ist eine bekannte Schauspielerin und Drehbuchautorin, doch im Bereich der Regie hat sie noch nicht allzu viele Werke vorzuweisen. Man kann “Lady Bird” als ihren ersten Schwimmversuch als eigenständige Regisseurin bezeichnen und so war ich besonders gespannt zu erfahren, womit der für die diesjährigen Oscars fünffach nominierte Coming of Age-Streifen punkten kann. Frau Gerwig hat sich hier neben dem Regieposten außerdem noch um das Drehbuch gekümmert und weil sie selbst aus der Stadt Sacramento stammt, in der die Handlung dieses Films größtenteils spielt, kann man “Lady Bird” sicherlich ein paar autobiographische Elemente unterstellen. Dies als kleine Zusatzinformation.
Dieser Film geht eineinhalb Stunden und erzählt die Geschichte von der 17-jährigen Christine (Saoirse Ronan) - besser bekannt als Lady Bird. Sie sehnt sich danach, sich kreativ austoben zu können und wird aufgrund ihres Lebens im langweiligen Sacramento zunehmend frustrierter. Hinzu kommt, dass sie sich mit nichts und niemandem so richtig identifizieren kann. Die katholische Highschool ödet sie an, mit ihrer Mutter (Marion McPherson) bricht sie einen Streit nach dem anderen los und hinzu kommt, dass ihre Familie beinahe pleite ist. Glücklicherweise lernt sie in ihrem letzten Highschool-Jahr aber Danny (Lucas Hedges) und Julie (Beanie Feldstein) kennen. Vielleicht helfen sie ihr ja, sich selbst besser zu verstehen.
Machen wir es kurz: die Geschichte von “Lady Bird” wird niemanden vom Hocker hauen. Es ist eine klassische Coming of Age-Handlung, die sich von den anderen Genre-Vertretern kaum abheben kann. Wenn man auf diesen Film kritisch blickt, kann man ihm sogar einen fehlenden Spannungsbogen unterstellen. Die Geschichte rund um Christine plätschert vor sich hin, nimmt alle typischen Genre-Elemente mit und präsentiert rein handlungstechnisch nichts Neues. Dies ist schade, doch man merkt schnell, dass “Lady Bird” sich etwas ganz anderes vorgenommen hat. Dieser Film legt großen Wert auf Leichtigkeit, Authentizität, Nostalgie und auf die Vermeidung einnehmender Tragik-Spitzen. Weltschmerz sucht man hier also vergeblich. Christines Geschichte soll sich viel mehr wie das Blättern durch ein altes Fotoalbum anfühlen. Die emotionalen Ausreißer nach oben und unten werden abgeflacht und stattdessen rückt ein romantisiertes Bild der Vergangenheit in den Vordergrund.
Ungewohntes gibt es daher in Form von einer besonderen, eigenen Atmosphäre und einer starken Saoirse Ronan. Denkt man anfangs noch, dass die irische Schauspielerin den ganzen Film alleine tragen muss, stellt man bereits nach wenigen Minuten erfreulich fest, dass Laurie Metcalf und Lucas Hedges ebenfalls richtig gute Arbeit leisten. Der Cast ist ausgezeichnet gewählt und fühlt sich absolut stimmig an! Großes Lob geht an dieser Stelle aber nochmal ganz klar an Frau Ronan, die diesen Film speziell macht. Aussehen, Artikulation, Mimik, kleine Gesten - Lady Bird verleiht diesem Film das besondere Etwas.
Ebenfalls nichts auszusetzen habe ich an Soundtrack und Kamera. Die Bilder laufen einen guten Mittelweg aus Romantisierung und Alltag, während die Musikuntermalung mit dem richtigen Maß an Grooviness und Kitsch spielt.
Am Ende des Tages ist “Lady Bird” eine sanfte Tragikomödie, die das Thema Erwachsenwerden auf eine sehr nachvollziehbare Weise behandelt. Dieser Film tänzelt leichtfüßig zwischen Witz und Tragik, lässt aber aufgrund der uninspirierten Handlung und der sich dadurch ergebenden Vorhersehbarkeit unnötigerweise Potential liegen. Ähnliche Filme wie “The Spectacular Now” und “The Perks of Being a Wallflower” haben bei mir deshalb einen runderen Eindruck hinterlassen, doch ist “Lady Bird” trotzdem ein definitiv sehenswerter Coming of Age-Streifen mit Feel Good Atmosphäre.