Split
Nach so einigen Jahren der Dürre, was kreatives und überzeugendes Schaffen im Bereich des Films angeht, gelingt Regisseur M. Night Shyamalan mit “Split” das Comeback.
Dieser im Jahr 2016 veröffentlichte Film ist durch und durch ein Psychothriller, der auf dem Papier zwar nicht besonders spektakulär klingt, am Ende aber doch sehr unterhaltsam daherkommt. Dies fängt direkt bei der Geschichte an: Eines Tages werden die drei Mädchen Casey (Anya Taylor-Joy), Claire (Haley Lu Richardson) und Marcia (Jessica Sula) nach einer Geburtstagsparty von einem Mann entführt und gefangen genommen. Als die drei Teenager nach kurzer Zeit in Gefangenschaft entsetzt feststellen müssen, dass der Entführer (James McAvoy) eine multiple Persönlichkeitsstörung hat, nimmt die perfide Situation erst richtig ihren Lauf. Eines verstört die Mädchen nämlich augenblicklich - wenn der Entführer vor ihnen steht, wissen sie nicht sofort, mit welcher seiner 23 Persönlichkeiten sie es gleich zu tun bekommen werd.
In “Split” inszeniert Herr Shyamalan nicht die außergewöhnlichste Entführungsgeschichte, da sein Werk im Grunde nur vom eigenartigen Entführer lebt. Der Rest ist absolute Standard-Kost mit qualitativen Ausreißern nach oben und unten. Mal verhalten sich die entführten Mädchen strunzdumm, ein anderes Mal greifen die einzelnen Story-Stränge schön ineinander und kreieren eine packende Atmosphäre.
Was diesen Film aber erst so richtig unterhaltsam macht, ist die beeindruckende schauspielerische Leistung von James McAvoy und Anya Taylor-Joy. Insbesondere Herr McAvoy schafft es, dem Zuschauer einen kontrollierten Wahnsinn zu präsentieren, der von Minute eins an fasziniert. Es macht ungemein viel Spaß, zuzusehen, wie James McAvoy sämtliche Gesichtszüge entgleiten und innerhalb weniger Sekunden (und ohne Schnitt) eine andere Persönlichkeit zum Vorschein kommt. Der schottische Schauspieler tischt dabei alles mögliche auf: Fragilität, kindliche Naivität, Wahnsinn, Brutalität, Sanftheit uvm.
Innerhalb der zwei Stunden bekommt man jedoch nicht jede Persönlichkeit des Entführers zu sehen - zum Glück. Würde M. Night Shyamalan auf Teufel komm raus versuchen, allen 23 Identitäten Screentime zu geben, würden Geschichte und Inszenierung zwangsläufig darunter leiden. So gibt es also circa sechs Persönlichkeiten, die der Zuschauer vorgesetzt bekommt, was ich für ausreichend halte. James McAvoy kann allerlei schauspielerische Facetten auffahren und der Zuschauer muss nicht auf eine spannende Geschichte verzichten.
Als Kritikpunkte an “Split” möchte ich Folgendes benennen.: Die Mädchen Claire und Marcia sind hier lediglich Mittel zum Zweck und stellen vor allem schauspielerisch die größte Schwäche in der Charakterkonstellation dar. James McAvoy und Anya Taylor-Joy trösten darüber gut hinweg, doch hätte ich mir von den anderen entführten Mädchen mehr erhofft.
Hinzu kommen ein paar unnötige Szenen und Dialoge, die nur dafür da sind, um die Situation aufzudröseln und den Zuschauer mit der Nase in die aufgebaute Atmosphäre zu tunken. Manchmal meint Herr Shyamalan mehr erklären zu müssen als notwendig, weshalb dieser Film nicht besonders smart rüberkommt. Das Ganze hält sich glücklicherweise in Grenzen, auf ein paar Klischees und Patzer kann der Regisseur scheinbar aber nicht verzichten.
Ebenso kann ich verstehen, wenn die Auflösung des Showdowns nicht jedem schmecken wird. Mich hat es jedoch nicht weiter gestört.
Unter’m Strich hat mir “Split” echt gut gefallen. Trotz der Mängel und unnötigen Schwächen ist dieser Film spannend und durch einen bärenstarken James McAvoy stets unterhaltsam. Noch weiß ich nicht, was mich mit dem Nachfolger “Glass” nächstes Jahr erwartet, doch nach “Split” blicke ich einem anstehenden M. Night Shyamalan-Film endlich wieder positiv entgegen.
Habe außerdem noch Call Me by Your Name gesehen, zu dem ich meine Gedanken erst noch sammeln muss. Ersteindruck: schön, gute Dialoge und mit einem tollen Ende, wenn auch etwas zu lang geraten und für meinen Geschmack ein wenig substanzlos.