Fantastic Beasts – The Crimes of Grindelwald:
Ums mal auf gut Neudeutsch zu sagen… „What a Clusterfuck!!!“
Dies dürfte wohl einer der schlechtest strukturierten Filme sein, die ich seit langem gesehen habe… und ich habe erst vor kurzem „Valerian and the City of a Thousand Planets“ gesehen.
Wirklich faszinierend, wie sehr man einen Film derart unübersichtlich zusammenstellen und pacen kann. Und es ist auch schwierig zu sagen, wem man hierfür die Schuld geben kann. Dem Regisseur? Dem Drehbuchautor? Dem Editor? Als Drehbuchautor ist Rowling selber in den Credits, keine Ahnung… vielleicht versteht sie einfach nicht, wo die Unterschiede zwischen Büchern und Drehbüchern liegen. Oder vielleicht hats jemand anders vergeigt.
Der Film hat etwa eine Million verschiede Plots, welche alle irgendwie wild durcheinander gewürfelt sind. Im ersten „Fantastic Beasts“ waren es zwei Plots, welche kaum verknüpft zu sein schienen, aber immerhin konnte man den einzelnen Strängen gut folgen. In diesem Film springt man so oft hin- und her, von Location zu Location, von Charakter zu Charakter, das ich oft den Überblick verlor, wer jetzt genau wo ist, und was genau das Ziel von wem ist… nicht zu erwähnen, dass ich zum Schluss kaum mehr zusammenkriegen konnte, wer jetzt genau was wusste.
Dazu kommt noch das bizarrste Missverständnis, wer jetzt genau der Protagonist der ganzen Show sein sollte. Auf dem Papier müsste es eigentlich Newt sein, oder? Aber nachdem man den Film gesehen kann kommt man nicht darum festzustellen, dass seine Rolle absolut minimal war. Ihn könnte man fast ganz aus dem Film rausschneiden und es würde sich kaum was ändern. Und nicht, weil er zu wenige Szenen hat, der ZEITLICHE Fokus liegt durchaus auf ihm… aber er hat einfach keinen Einfluss auf den Plot. Himmel Herrgott, zum Schluss hatten seine Haustiere mehr Einfluss auf den Plot, und ich WÜNSCHTE, dass das seine Übertreibung wäre… ist es aber wirklich nicht.
Stattdessen gehen alle Charakterentwicklungen und relevanten Plotpunkte von kleinen Nebenrollen aus. Und ich nenne sie „kleine Nebenrollen“, weil sie das sind, wenn man sich anschaut wie viel Zeit der Plot mit ihnen verbringt. Der bekloppteste Moment kommt Anfangs dritten Aktes, mit einer verwirrend schlecht geplanten Szene. Dort kriegt man nämlich einen langen Expositions-Monolog serviert, von einem Charakter, über seine eigene Familie, und irgendwie sollte das dramatisch sein, und schockierend, weil man jetzt endlich Hintergründe erfährt… und alles was ich denken konnte während dieser Szene war: „WER BIST DU!?! Wir haben bisher kaum Zeit mit dir verbracht, warum zum Teufel kümmert uns das!?“
Ach, und dann kommt ein ZWEITER Nebencharakter ins Geschehen, und die fängt dann AUCH an einen Monolog über IHREN Stammbaum zu halten, und das Ganze sind etwa 10 Minuten in welchen Stammbäume und Eltern hingeworfen werden und Twists freigelegt werden über Charaktere und Familien welche völlig Wurst sind und mit der Story soweit praktisch nichts zu tun hatten. Diese Szene wirkt als hätten zwei Charaktere (oder drei, denn das ganze knüpft dann noch zur Backstory eines DRITTEN Nebencharakters…) den Schlüsselpunkt ihrer Story erreicht… welche aber in einem ganz anderen Film etabliert wurde. Als seien sie von einer anderen Geschichte durch ein Portal in diesen Film gestolpert und wollten jetzt im dritten Akt das Geschehen übernehmen.
Ach, und ein weiterer Nebencharakter hat die bescheuertste Eskalation IHRES Plotes. Und ich versuche hier darum herum zu reden, aber es dürfte doch ein bisschen ein Spoiler sein, da man wohl herauslesen kann, um wen es sich handelt aber: Ihr ganzer Charakter drehte sich um ihre Beziehung zu jemandem und das Drama, dass die Gesellschaft gegen sie ist. Und der Antagonist der Geschichte erzählt ihr im Prinzip, dass er AUCH gegen diese Beziehung ist. Und sie schliesst daraus… dass sie sich ihm anschliessen sollten, weil er ihr helfen kann gegen die Vorurteile der Gesellschaft anzukommen, da er auf… ihrer Seite ist?
…
Ehrlich, wenn ihr denkt was ich hier schreibe macht keinen Sinn, dann gratuliere. Ihr seid genau da wo ich vor ein Paar Stunden im Kino war. Das dürfte wohl die bekloppteste Art sein eine Charakterentwicklung abzuschliessen. Ist ein bisschen so als hätte sich Anakin zum Schluss von „Star Wars Episode III“ entschieden sich Palpatin anzuschliessen, weil er ihm verspricht Padme umzubringen… Keine Ahnung wie sowas passieren kann
Wie gesagt, der Film ist ein völliges durcheinander und wenn man sich mal hinsetzen und versuchen würde das ganze Chaos Schritt für Schritt zu analysieren, dann würde man schnell merken, dass man einen Film einfach nicht so strukturieren kann.
Das Problem mit der mangelnden Übersicht im Bezug auf Locations zieht sich auch in die einzelnen Szenen. Im ganzen Film wirken viele Charaktere auf offener Strasse immer wieder extrem auffällige Magie (welche in diesem Film übrigens absolut keine Regeln mehr zu haben scheint), und ich war permanent verwirrt, weil ich nie sicher war, ob die das jetzt in einer Zauberer-Strasse a la Winkelgasse machen, oder ob es in der Muggelwelt ist, und die Leute reagieren sollten…
Wie gesagt, der Film war unnötig verwirrend. Nicht wie ein „Inception“ oder so, wo Teil des Plotes damit zusammenhängt, wie sehr man die Orientierung in einer mehrstufigen Traumwelt verlieren kann, sondern verwirrend wie… nun, wie in einem Film, der versucht hunderte verschiedene Plots und Charaktere zu mischen ohne ein gutes Gespür für Tempo oder Struktur zu haben.
Aber gut, mochte ich den Film also wirklich nicht?
Naja, das kann ich auch nicht wirklich sagen. Es ist ein bisschen wie mit „Star Wars – The Last Jedi“ (und fragt mich nicht, warum all meine Referenzen im Moment Star-Wars-basierend sind…), wo ich finde, dass ein wirklich guter Film irgendwo in diesem überlangen, überladenen Durcheinander DRIN steckt.
Zum einen ist die Grundidee hinter dieser Filmreihe extrem interessant. Die Geschichte von Dumbledore und Grindelwald ist etwas sehr faszinierendes, und ich weiss dass viele Fans der Bücher diesen Teil der Harry-Potter-Hintergrundgeschichte gerne sehen würden. Die Geschichte eines jüngeren Dumbledores, zu einer Zeit wo er als Charakter stark geprägt wurde von Persönlichen Traumas, die Beziehung zu einem guten Freund, welcher zu einem der schlimmsten Gestalten der Zauberei-Geschichte gehört… Coole Idee!
Auch die Idee, das ganze durch die Augen einer Drittperson zu zeigen wäre super, wenn die Drittperson denn passt.
Und ja, die Drittperson WÜRDE passen! Newt ist für mich einer der interessantesten Protagonisten der Neuzeit. Seine sensible, aber scheue Art und wie er sich gibt, aber kombiniert mit einer dennoch selbstsicheren Überzeugung von seiner Sicht auf die Welt, welche ihn nicht als Opfer seiner eher antisozialen Persönlichkeit rüberkommen lässt, sondern wirklich wie eine Person, die mit sich selber im Reinen ist… Da ist Substanz dran, das ist eine hervorragende Basis für einen etwas anderen Protagonisten!
Dann kommt noch die Tatsache, dass man mit Jude Law den Perfekten Schauspieler für den jüngeren Dumbledore gefunden hat! Keine Frage, als ich ihn im Trailer gesehen hatte dachte ich bereits: „Perfekt“, und der Film hat Nichts an dieser Überzeugung geändert. Ideales Casting!
Johnny Depp als Grindelwald ist… nun, leider nicht so brilliant. Ich habe kein Problem mit seiner Darstellung für sich, aber er macht einfach nichts wirklich Kreatives oder spezielles damit. Das ist keine Performance, an die man sich noch lange erinnern wird. Und sein Design ist einfach falsch. Das kann ich nicht anders sagen, er sieht einfach lächerlich aus.
Aber das Material wäre da! Und so viele Szenen in diesem Film sind wirklich gut! Newt ist nach wie vor ein genialer Hauptcharakter, aber er hat hier einfach nichts zu tun!
Dumbledore ist hervorragend gespielt und geschrieben und seine Szenen zeigen ihn als charismatisch, gebildet und fähig. Aber auch arrogant und als jemanden, der Leute manipuliert und ihnen wichtige Informationen vorenthält, weil er das Gefühl hat, er wisse alles besser. Dazu kommen noch seine permanenten Reibereien mit allen Autoritätsfiguren, womit er offenbar nicht umgehen kann, ohne seine Überlegenheit zeigen zu müssen.
Ausserdem hat man mit Grindelwald einen Charakter, welcher als so übermächtig dargestellt wird, dass man im Bezug auf Effekt-Spektakel so richtig vom Leder lassen kann! Ich würde mir zwar ein bisschen mehr Bodenständigkeit für seine Kräfte wünschen, aber wenn man den Charakter selber schon nicht so interessant umsetzen kann, wie er es sein sollte, dann kann man ihn wenigstens zu einer beängstigenden Naturgewalt machen.
Ich mag Vieles an dem Film. Aber die Gewichtung ist einfach falsch. Die interessanten Charaktere haben kaum was zu tun obwohl sie genug Zeit und Szenen erhalten, die Nebencharaktere haben den ganzen thematischen Fokus des Plotes auf sich, obwohl man kaum Zeit mit ihnen verbringt und der Film lässt jegliches Gefühl fürs saubere Geschichtenerzählen vermissen, sodass man zum Schluss zwar eine ganze Menge gesehen hat, aber nichts so wirklich absorbieren konnte.
Ich wünschte mir wirklich, dass all die zentralen Charaktere in einer besseren Story drin wären.
Fazit: Ein unstrukturiertes Chaos, das den Fokus immer auf den ganz falschen Aspekten hat. Hat vieles das unterhält, aber auch vieles das einfach nur verwirrt.