Habe mir gestern The Devil We Know von Stephanie Soechtig angesehen. Die Dokumentation wurde auf dem Sundance Film Festival 2018 veröffentlicht und beleuchtet die massiven Auswirkungen der Teflon-Produktion auf Mensch und Umwelt seit Mitte der 1950er Jahre.
Inhaltlich setzt sich der Film mit drei Bereichen auseinander: Der Chemikalie C8 (PFOA), den Auswirkungen der Chemikalie auf Lebewesen (insbesondere Anrainer des Ohio River in der Nähe des DuPont-Chemiewerks, Parkersburg, WV) und den Reaktionen der beteiligten Firmen, Behörden und Geschädigten auf diese Auswirkungen.
Zusammenfassung
Im Zentrum steht die von 3M entwickelte Chemikalie C8, auch PFOA genannt, die für den Herstellungsprozess von PTFE (vielen bekannt durch Teflon) unabdingbar ist. Die studierten Chemiker hier, wie gertsch22, können sicher mehr dazu sagen.
PFOA jedenfalls ist der Stoff, der im Herstellungsprozess dem Material die scheinbar magischen Eigenschaften (große Hitzebeständigkeit, Anti-Haft-Effekt) verleiht und sich aus diesem Grund nicht nur in Backformen und Pfannen, sondern zahllosen weiteren Gebrauchsgegenständen wie Imprägniersprays, wasserabweisender Kleidung, GoreTex, fettabweisenden Papiertüten uvm. findet.
Wenig überraschend ist die Chemikalie toxisch, kann über Nahrung und Haut aufgenommen werden und steht nachweislich in Verbindung mit Geburtsfehlern (v.a. Missbildungen an Augen und Nase), Geschwüren, Nierenversagen und verschiedenen Krebsarten.
Die Firma DuPont entwickelte in den 1950er Jahren das heute weltbekannte “Teflon”. Die zur Herstellung notwendigen Chemikalien wurden teilweise vom Chemiekonzern 3M geliefert, so auch PFOA. Dessen Forscher warnten bereits damals vor den Auswirkungen der Chemikalie auf Tiere (Missbildungen, Tumore) und gaben strenge Anweisung auf keinen Fall fluoridisierte Abwässer in die Umwelt zu leiten. Trotz dieser Warnung wurden (und werden bis heute) die giftigen Abfälle der Produktion in den Ohio River eingeleitet. Durch die massive Belastung der Gewässer, aber auch durch die Durchdringung der gesamten entwickelten Welt mit Teflon (bzw. auf die selbe Art hergestellten Produkten, die Wasser und Öl abweisen sollen) ist C8/PFOA mittlerweile im Blut fast jedes Menschen nachweisbar. Das liegt auch an der Halbwertzeit des Stoffes von über 5 Jahren, wodurch es zu einer Anhäufung im Körper kommen kann. Diese Anhäufung wiederum erhöht das Risiko von Herz- und Nierenerkrankungen und Krebs.
Über die Dauer des Films werden ehemalige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von DuPont interviewt, berichten von ihren eigenen Erfahrungen und Schwierigkeiten. Bezeichnend fand ich, wie ein Zeitzeuge es ausdrückte (sinngemäß) “Wir wollen an Corporate America glauben. Jeder hier arbeitet bei Dupont, hat Verwandte oder bekannte die dort arbeiten. Wenn sie sagen es sei sicher, warum sollten sie uns, ihre Mitarbeiter belügen?” Besonders erschreckend ist, dass der Konzern im Prinzip seit Anbeginn der Produktion von der Giftigkeit des Stoffes wusste und alle entsprechenden Stellen entweder belogen oder infiltriert hat. So wurde am Land und der Bevölkerung jahrzehntelang massiver Schaden angerichtet, an dem Dupont und 3M Milliarden verdient haben.
Darüber hinaus zeigt der Film die personelle Verquickung von DuPont und der amerikanischen Umweltschutzbehörde (EPA) auf. Zum Teil arbeiteten dieselben Personen erst bei DuPont und dann bei der EPA, oder umgekehrt und es gibt belegte Aufforderungen an die EPA seitens DuPont bestimmte Informationen zu verbreiten, was von der Behörde auch umgesetzt wurde.
Der Film schließt mit der Aussagen, dass es 88.000 Substanzen gäbe, die (in den USA) ebenfalls keinen Regularien unterlägen.
Ich fand den Film gut und die Informationen interessant (hatte mich davor nicht en detail mit Teflon befasst). Auch die Geschichten der beteiligten Personen empfand ich als insgesamt ehrlich und glaubwürdig erzählt, wenngleich hier und da die Kamera dann doch länger als nötig drauf gehalten, oder noch schlimmer, nachgezoomt wurde.
Schnitt und Musik waren mir etwas zu reißerisch. Ich weiß natürlich, dass der Film für Aufmerksamkeit sorgen will und dass sich das gut über eine emotionale Reaktion des Zuschauers herstellen lässt (hier: Angst), die man diese leicht über die oben genannten Effekte¹ erreicht bzw. verstärkt. Der industrielle Horror kommt meiner Meinung nach schon über die Fakten beim Zuschauer an.
Geschichten wie diese gibt es im industriellen Bereich sicher viele. Meinen Blick hat diese Dokumentation aber trotzdem erweitert.
¹ Beispiel
Der Vorspann etwa besteht aus vielen schnellen Schnitten, unnatürlich und damit unheimlich gefärbten und (flackernd) beleuchteten Bildern, zu denen kontrastiv die naiv-fröhlichen Stimmen der 50er und 60er Jahre Werbefilme Teflon anpreisen. Der Titel “The Devil We Know”, erscheint dann ebenfalls nach einem solchen Auszug, nämlich “so it’s handy, but is it save to cook?”.
Diese Art der Darstellung erfolgt mehrmals während des Films, um eben eine Angstreaktion beim Zuschauer auszulösen. Es wird das Gefühl des Ausgeliefertseins und des Kontrollverlusts erzeugt. Vielleicht braucht es diese Rabiaten Mittel um heutzutage alle zu erreichen, ich empfand es als übertriebenes Theater.