Im Film geht es darum, dass eine Teenagerin, deren Mutter gestorben ist, eine Tasche in der U-Bahn findet, darin eine Adresse und die Tasche zu dieser Adresse bringt. Dort trifft sie eine ältere Frau, mit der sie dann eine Art Mutter-Tochter-Beziehung anfängt, bis sie per Zufall realisiert, dass die Frau die Tasche absichtlich hatte liegen lassen, um junge Mädchen zu sich nach Hause zu locken. Verstört bricht die Teenagerin das Verhältniss ab, voraufhin die Frau sie anfängt zu stalken, bis die Situation eskaliert.
Klingt interessant, oder?
Nun… könnte es sein, wenn die Charaktere wirklich Charaktere wären. Sind sie aber nicht. Die erste Hälfte des Filmes scheint wirklich nur dazu da zu sein, den Plot zu etablieren und Exposition zu kreieren. Man rauscht von Plotpunkt zu Plotpunkt. Die Charaktere haben keine wirkliche Persönlichkeit und die Beziehungen machen keinen Sinn. Die Protagonistin hat so wenig zu tun oder zu sagen, was NICHT Exposition ist, dass sie effektiv KEINE Persönlichkeit hat. Schaut euch den Trailer an. Was ihr DA seht an “Persönlichkeit” ist alles was ihr mitkriegt im Film. Wir wissen NICHTS über sie.
Die Stalkerin funktioniert auch nicht. Sie sollte verwundbar und einsam wirken, aber vermutlich auch etwas warm, sodass die Protagonistin in ihr einen Mutter-Ersatz sehen könnte. Nur funktioniert das leider gar nicht, da die Stalkerin von Isabelle Huppert gespielt wird. Eine hervorragende Schauspielerin, ohne zweifel, aber halt doch eher eine kalte, abweisende Persönlichkeit. Sie funktioniert (auf Casting-Basis) ab dem Moment gut, wo die Fassaden anfangen zusammenzubrechen und sie zu einer gestörten Stalker-Psychopathin wird, aber als eine Person zu der sich ein junges Mädchen hingezogen fühlen sollte funktioniert sie kein bisschen.
Ausserdem lässt der Film leider auch das vermissen, was den Trailer so gut gemacht hat: Atmosphäre. Der Film macht nichts wirklich gut genug um einen Ton aufzubauen und dem Zuschauer ein Verständniss zu geben, was er jetzt gerade fühlen sollte. Die einzige Art, wie der Film weiss einen Ton in einer Szene zu etablieren ist mit unglaublich lauten und offensichtlichen Musik-Einlagen, welche dir sagen: “Das ist eine warme, vertraute Szene” oder “Das ist eine unheimliche Szene”. Die Bilder und das Skript selber kriegen das nicht hin.
Ok, das ist also die erste Hälfte des Filmes. Nicht wirklich kompetent, langweilig und ohne jegliche Persönlichkeit. Die Zusammenfassung meines Plotes ist im Prinzip eine vollständige Zusammenfassung von so ziemlich der ganzen ersten Hälfte.
Und dann kam die zweite Hälfte… und da wurde ich langsam wütend. Denn ich fing an mich beleidigt zu fühlen.
Der Film fängt nämlich an Szenen aneinander zu reihen, welche keinen Sinn mehr machen UND nur dazu dienen die Laufzeit zu strecken.
Ein Beispiel: Die Stalkerin fängt an, die beste Freundin der Protagonistin zu bedrohen. Während die beste Freundin (eine Party-Tusse welche das genaue Gegenstück zu unserer braven Protagonistin sein sollte, denn natürlich, wir müssen alle Klischees abarbeiten) in einem Club ist und die Protagonistin zu hause, erhält die Protagonistin plötzlich ein Foto auf ihrem Handy. Es zeigt, die Freundin welche an der Bar steht und sich einen Drink besorgt. Das Foto stammt von der Stalkerin, welche offenbar irgendwo hinter der Freundin in der Bar steht und sie beobachtet. Die Protagonistin informiert die Freundin, und warnt sie… und die Freundin, welche in einer Bar voller Menschen war, VERLÄSST DAS GEBÄUDE ALLEINE DURCH DEN HINTEREINGANG IN EINE LEERE GASSE!!! NO SHIT!!! Sie geht von einer mehr oder weniger sicheren Situation wo viele Menschen sind in eine Situation wo keine Zeugen mehr sind!
DANN LÄUFT SIE LOS. In der Zwischenzeit erhält die Protagonistin immer wieder Fotos, welche die Freundin von hinten beim weglaufen zeigt! Deutlich: Die Stalkerin ist der Freundin dicht auf den Fersen!
ABER: Wenn sich die Freundin umdreht sieht sie niemanden. Aber es sind auch keine Orte vorhanden, wo sich jemand hätte verstecken können! Und NEIN, das ist KEIN übernatürlicher Thriller, die Stalkerin ist einfach eine ältere Frau… welche sich wohl blitzschnell in irgendeine Ecke kauert, wenn sich die Freundin umdreht?! Was?
Und wenn ihr denkt, dass sei halt typisch für Horrorfilme… NEIN! Nicht so! Jeder Horrorfilm der sowas macht VERSUCHT in der Regel irgendwelche Ausreden zu geben, wie sich der Stalker hätte verstecken KÖNNEN… auch wenn es meistens nicht wirklich logischen Sinn macht, so gibt es doch in der Regel genug Raum für Ausreden, dass das Gehirn des Zuschauers die Situation rationalisieren kann.
Hier nicht.
Aber glaubt mir, DAS ist noch gar nichts, wenn man bedenkt, was im letzten Drittel passiert!
Denn schaut… Vor dem finalen Akt eskaliert die Situation schon ein Paarmal ziemlich.
Die Freundin stellt die Stalkerin, als sie sie verfolgte, erkennt sie also, und weiss jetzt mit Sicherheit, dass sich das die Freundin nicht einbildet. Die Polizei wird informiert und die Protagonistin welche die PRIVATE ADRESSE der Stalkerin kennt und HUNDERTE VON SMS hat, welche zeigen, wie aufdringlich die Frau über die letzten Tage war, beantragt eine Restraining Order und Informiert die Polizei über ALLE DETAILS. Und später rasstet die Stalkerin IN ALLER ÖFFENTLICHKEIT AUS und muss in einer ZWANGSJACKE und auf einer Bahre festgebunden in Gewahrsam genommen werden!
Später wird sie freigelassen… wird nicht genau gesagt warum, aber ist einfach so.
Und nach der Freilassung… entführt sie die Protagonistin und läutet den dritten Akt ein.
Einziges Problem mit diesem dritten Akt: Sie entführt sie nicht und bringt sie irgendwo an einen geheimen Ort oder so!
Sie nimmt die Gefangene MIT NACH HAUSE und schliesst sie dort in einem “geheimen Raum” ein. Die Türe zu diesem “geheimen” Raum ist hinter einem Vorhang und einem Klavier “versteckt”… und ist SO DÜNN, dass die am Bett festgeckettete Gefangen nur durch rütteln am Bett genug Lärm machen kann, dass man sie im ganzen Haus hört!!!
Ok! Game Over, oder? Der Vater und die Freundin der Protagonistin werden realisieren, dass die Protagonistin weg ist, gehen zu Polizei, und das wars dann, oder? Die Polizei hat die Adresse, sie hat Grund an eine Entführung zu glauben, die Entführerin ist bei sich zu hause und einfach auffindbar, genauso wie der geheime Raum… ODER?!
NOPE!!!
Vater geht zu einem PRIVAT DETEKTIV, der ERMITTELN MUSS, kommt dann auf eine Frau welche EVENTUELL die gesuchte Greta sein KÖNNTE und kommt ihr so langsam auf die Schliche, in der Zwischenzeit wird die Protagonistin mishandelt und gefoltert, und der Zuschauer sollte das ernst nehmen OBWOHL EIN ANRUF BEI DER POLIZEI dem ganzen ein Ende setzen könnte!
Und nicht: Die Polizei könnte eventuell etwas unternehmen um sie zu finden… NEIN! Die Polizei würde schnell bei Greta vorbeigehen, BEI DER FRAU WELCHE VOR EIN PAAR TAGEN NOCH VERHAFTET WURDE, WEIL SIE IN DER ÖFFENTLICHKEIT EINEN AUSRASTER HATTE, UND DIE PROTAGONISTIN ANGEGRIFFEN HATTE, das Haus durchsuchen (oder nur schnell ins Haus reingehen, dann würden sie das verzweiflte Hämmern und Rütteln der Protagonistin hören) und den Geheimraum sofort finden!!! Kein “eventuell” oder “vielleicht” oder “mit ein bisschen Glück und Ermittlung”! Die Situation ist klar! Es bräuchte keine Ermittlung!!! Es gäbe keine ungelösten Fragen, die Polizei müsste nichtmal 2+2 zusammenzählen, DIE 4 STEHT SCHON DA AN DER WAND, IN DICKER, ROTER FARBE!!!
Aber NOPE, dann halt nicht!!!
Ach, und wer jetzt denkt, dass sei die einzige Idiotie… NEIN!
Die Protagonistin weiss sich auch einmal zu wehren, schafft es der Stalkerin einen Finger abzuschneiden, sie mit einem Nudelholz niederzuschlagen… und anstatt nachzusetzen oder dafür zu sorgen, dass die Stalkerin nicht mehr aufsteht… RENNT SIE IN DEN KELLER, IN EINE SACKGASSE…
Oh, weil oben keine der Türen aufgeht, weil alle abgeschlossen sind! SOWAS BLÖDES ABER AUCH!!!
Und das ist nur einer der 3 (FUCKING 3!!!) missglückten Escape-Versuche im letzten Akt, wo ein Entkommen angeteast wurde, nur um es dann wegzunehmen! Und so wird der ganze dritte Akt einfach gestreckt und gestreckt und gestreckt, während schon lange nichts mehr logischen Sinn macht, und man je länger je mehr einfach nicht mehr übersehen kann, dass ab einem gewissen Punkt in der Story die Polizei fast ABSICHTLICH nicht mehr ins Spiel gebracht wird! Das ist nicht das klassische Horror-Klischee, wo die Protagonisten sich etwas dumm anstellen oder so, dass ist eine Variante dieser Klischees, wo der Zuschauer AKTIV versuchen muss, nicht mehr mitzudenken.
Ich kann garantieren, ich bin vermutlich einer der ruhigsten Zuschauer im Kino, ich sage absichtlich nie einen Ton, wenn es sich vermeiden lässt, auch in Filmen die ich nicht mag, da es mir bewusst ist, dass andere Leute um mich herum den Film vielleicht trotzdem gut finden und ihn in Ruhe geniessen wollen… aber:in der letzten Szene, sitzt die gerettete Heldin neben der besten Freundin welche sie befreit hat und die Stalkerin ist unschädlich gemacht worden. Und die Protagonistin fragt: “So… what should we do now…?” Und die Freundin sagt: “Well, let’s first call the Police” und mir rutschte ein lautes “Ach, WIRKLICH?!?” heraus! Tut mir leid für alle, die mit mir da sassen und denen ich vielleicht die letzten Szenen ruiniert habe mit meinem Aufschrei. Tut mir wirklich leid. Aber ehrlich, das war ein unbewusster Reflex von mir, ich war so wütend auf die unglaubliche Respektlosigkeit dem Zuschauer gegenüber welche dieser Film zeigte, das ich die Beherrschung verlor. Passiert mir sonst nie… aber ich gebe einen Teil der Schuld dem Film.
AAAAARRRGGG!!! Ehrlich! Was ist in letzter Zeit mit Drehbuch Autoren los? Kümmert es wirklich niemanden in dem Business mehr, ob die verdammten Stories und Plot noch Sinn machen?
Gute Güte!
Also ja. Grässlich dummer Film. Schaut ihn euch nicht mal zum Spass an. Der dritte Akt ist so unnötig in die länge gezogen und so frustrierend anzusehen und gleichzeitig so unmöglich ernst zu nehmen, dass ihr die Zeit wirklich besser anders inverstieren könnt.