Fiebertraum in Pixelblut
Es ist der 03. April 1989 in Miami - alles beginnt mit Alpträumen, einem mysteriösen Paket und ebensolchen Telefonaten. Maskiert zieht der namenlose Protagonist - der als „Jacket“ bezeichnet wird - in Devolver Digitals „Hotline Miami“ durch Clubs, Hotels und Bürokomplexe und verteilt blutige Schellen. Techno und Synthwave treffen auf eine präzise Steuerung, schrille Pixel und eine kryptische Story.
Mit Geschick und Präzision durch Gangster-Horden
Durch die genannten Örtlichkeiten wird Jacket aus der Vogelperspektive gesteuert. Abgesehen von der Pixelgrafik und den schrillen Farben erinnert mich der Grafikstil unweigerlich an GTA I & II. Per Telefonanrufen wird Jacket zu seinen Zielorten gelotst an denen der Spieler mit absurd überzogener Gewalt Gangster ausschaltet. Um dies zu tun hat der Spieler unterschiedliche Herangehensweisen zur Auswahl. Mit viel Geschick und Reaktionsvermögen kann an den Zielorten mit der Brechstange und exzessivem Schusswaffeneinsatz aufgeräumt werden oder auch der unauffällige Einsatz von Nahkampfwaffen zum Ziel führen.
Ich empfand den unauffälligen Weg zum Ziel als wesentlich zufriedenstellender. Mehr als maximal zwei Gegnern offen gegenüber zu treten sorgt schnell für einen Neustart des Levels. Das liegt unter anderem daran, dass Jacket keinen größeren Gesundheitsbalken hat als seine Gegner und in der Regel nach dem ersten Treffer zu Boden geht. Außerdem wird die direkte Auseinandersetzung mit mehr als einem oder zwei Gegnern sehr schnell hektisch. Zum einfacheren Anvisieren der Gegner stellt das Spiel zwar einen Lock-On-Fokus bereit, doch ist der Wechsel des Fokus auf einen anderen Gegner oft sehr hakelig und endet eine offene Auseinandersetzung schnell mit einem Druck auf den Neustart-Button.
Abseits davon ist die Steuerung von Hotline Miami sehr präzise im Vergleich zu ähnlichen Spielen wie beispielsweise Dead Estate, in dem mich das Anvisieren von Gegnern häufig in den Wahnsinn getrieben hat. Durch geschicktes Bewegen in den Leveln waren außerdem auch offene Auseinandersetzungen durchaus machbar.
Ballern, ballern, ballern - Musik und Motivation
Stellenweise führen einige Passagen durch ein hohes Gegneraufkommen zu häufigem Trial & Error. Außerdem habe ich mich ab und an dabei ertappt, wie ich versucht habe Spielabschnitte mit der Holzhammermethode zu lösen und auf gut Glück loszulegen. Das hat natürlich zu noch mehr Trial & Error geführt.
Ein Grund für mich dran zu bleiben war für mich definitiv der treibende Elektro-Soundtrack. Stücke wie „Hydrogen“ von M|O|O|N, „Knock Knock“ von Scattle oder „Vengeance“ von Pertubator haben mich effektiv dazu überredet immer wieder einen weiteren Versuch zu starten. Der Soundtrack zwischen Elektro und 80’s Synthwave ist definitiv einer der herausragenden Bestandtteile des Spiels.
Zu scheitern und schnell einen neuen Anlauf zu starten wird durch die fairen Zwischenspeicherpunkte und den schnellen Respawn nach dem eigenen Ablegen ermöglicht. Sowohl dieser flüssige Übergang zwischen Scheitern und neuem Anlauf als auch der Einfluss des Soundtracks erinnert mich an mein Spielerleben im ebenfalls großartigen Celeste.
Storytelling mit einfachen Mitteln
Der Vergleich mit Celeste liegt außerdem deshalb Nahe, weil beide Spiele es schaffen trotz einfacher Pixelgrafik eine spannende Geschichte zu erzählen. Zugegeben gelingt es Celeste noch etwas besser Erzählung und Spielmechanik zu einer positiven Botschaft über den Umgang mit psychischen Krankheiten zu verschmelzen. Doch auch Hotline Miami gelingt es eine überdrehte und verschlungene Geschichte zu erzählen.
Die Story des namenlosen Jacket beginnt mit einer Alptraumsequenz, in der er einen Raum betritt in dem drei Personen sitzen, die Tiermasken tragen und mutmaßlich Personen aus seiner Vergangenheit repräsentieren. Von dort aus startet eine Rückblende an den Tag an dem die Telefonanrufe und Auftragsmorde ihren Ausgang nahmen. Von hier aus startet der Fokus auf einzelne Aufträge, Begegnungen mit einem umtriebigen Verkäufer und eine fiebertraumartige Erzählung. Diese mündet in eine Rachestory in der Jacket sowie ein weiterer Hauptcharakter auf ihre jeweils eigene Rachemission gehen um die myteriösen Telefonanrufe zu stoppen.
Hotline Miami schafft es hier trotz der eingeschränkten Mittel der pixelhaften Darstellung über verschachtelte Erzählstränge und häufig vage bleibende Motive interessant zu bleiben. Insbesondere nach dem Ende des ersten Teils bleiben viele Interpretationen dem Spieler überlassen. Da ich mir es nicht verkneifen konnte bereits einen Blick in Lore-Videos zu werfen, habe ich persönlich bereits ein paar weitere Interpretationsansätze erhalten, werde mir die ausführlicheren Erklärvideos zum Nachfolger allerdings aufsparen.
Fazit
Hotline Miami schafft es erfolgreich kurzweiliges Gameplay, einen fetten Soundtrack, Pixelart und eine schrille und abgedrehte Story zusammenzubringen. Wer GTA I & II-Flashbacks und treibende Elektro-Beats sucht und wenig Zeit hat sich in komplexe Spielmechaniken einzugrooven, ist mit Hotline Miami sehr gut beraten. Ich werde definitv auch zum Nachfolger greifen.