Da neulich die meisten Hitman Spiele bei Steam im Sale waren, hatte ich mir die mal gegönnt und die Reihe neu für mich entdeckt.
Ich mochte die Hitman-Reihe immer, aber jetzt in der Retrospektive ist das schon ein wenig Auf und Ab. Ich würde die Reihe in drei Phasen einteilen:
Phase 1: Gnadenlos
Hitman: Codename 47 ist aus heutiger Sicht gar nicht mal so geil. Ehrlich gesagt bin ich mir nicht mal sicher, ob das jemals ein gutes Spiel war. Ursprünglich sollte es ja ein reiner Shooter werden und davon sind noch einige Versatzstücke im Game.
Die Shooterelemente sind aber nicht gut. Das Stealth Gameplay kam später hinzu und ist dementsprechend unausgereift. Also ist das alles im Grunde nichts Halbes und nichts Ganzes. Man merkt aber, dass hier das Fundament gegossen wird, für das, was die Reihe eigentlich sein will bzw. werden sollte. So richtig Bock macht das aber alles noch nicht, vor allem dann nicht, wenn man komplett orientierungslos im Dschungel rumtapert und alles einen töten will. Die Karte ist absolut nutzlos und auch sonst hat man nichts, was einem dabei hilft, Wege zu finden. Man muss einfach ins Verderben laufen und es beim nächsten Mal besser machen.
Hitman 2: Silent Assassin macht seine Sache schon ein wenig besser. Die sinnvollste Erweiterung ist wohl die Karte, die jetzt auch wirklich nutzbar ist. Die Steuerung ist ein wenig durchdachter und nicht mehr ganz so hakelig, aber rund ist das alles noch nicht. Es geht also in die richtige Richtung. Das Leveldesign entwickelt sich hier auch schon zu mehr kreativer Freiheit, mit mehr Möglichkeiten zum ausprobieren. Wirkt aber alles noch sehr nach rudimentär und die Freiheit wird eher vorgetäuscht mit einer Art „Open Schlauch“.
Größtes Problem der ersten beiden Spiele: Die KI. Die ist einfach absolut gnadenlos und verzeiht keinen Fehler. Das kann hart nerven und ist in manchen Levels einfach die Pest. „At the Gates“ aus Hitman 2 wäre was für Unspielbar bei Game Two. Meine Fresse, habe ich mir daran die Zähne ausgebissen.
Phase 2: Dumm, aber unterhaltsam
Hitman: Contracts hat die KI dann auf gewisse Weise überarbeitet. Das war notwendig, ergibt aber ein neues Problem. Jetzt ist sie teilweise einfach nur dumm wie Brot. 47 kann auf offener Straße jemanden abknallen. Wenn er sofort die Waffen wegsteckt, wird er nicht verdächtigt, selbst, wenn er neben der Leiche steht. An anderer Stelle hingegen reicht es, den falschen Gegenstand in der Hand zu halten und schon drehen alle NPCs durch. Ein wenig unausgegoren.
Wichtigste Entwicklung: 47 schläft nicht mehr ein beim gehen. Alles ist ein wenig flotter und flüssiger.
Außerdem bringt man hier mehr Story in die Reihe und zieht die quasi durch die nächsten Games durch, was ich komplett vergessen hatte. In meiner Erinnerung war Hitman einfach immer eine Aneinanderreihung von mehr oder weniger coolen Auftragskills. Eine Erinnerungslücke, die später noch zum Problem wird. Allerdings rekonstruiert man hier das erste Spiel teilweise und hat die Hälfte der Level aus Teil 1 nochmal neu gebaut. Die machen hier mehr Spaß, keine Frage, aber wirkt halt ein wenig einfallslos.
Hitman: Blood Money ist klar das Höhepunkt der „alten“ Reihe. Ja, die KI ist weiterhin dämlich wie sonstwas, aber meine Herren, macht das Game Spaß. Coole Aufträge, sehr viele abwechslungsreiche Locations und wichtige Features wie klettern und Körper oder sich selbst verstecken.
Das Upgrade-System ist nett, aber da ich ohnehin nur mit Silverballers und Sniper unterwegs bin, hatte ich da schnell die besten Waffenupgrades zusammen.
Eine coole Idee ist auch das Notoriety-System. Wenn man wie Rambo durch die Level pflügt und ständig auffällt, wirkt sich das auf die nächsten Level aus, weil man schneller erkannt wird.
Blood Money ist im Grunde exakt das, was Hitman sein sollte. Fast jedes Level ist eine Art kreativer Spielplatz, auf dem man sich selbst den für sich besten Weg suchen kann, um die Mission zu erfüllen. Das Spiel gibt einem jede Menge Möglichkeiten an die Hand von „Unfällen“ bis zum direkten Kontakt mit den Zielpersonen.
Insgesamt würde ich sagen, dass es ein wenig zu leicht ist, aber das ist mir sehr viel lieber als die gnadenlose Phase. Das hier ist Hitman, wie ich es liebe. Aber dann …
Phase 3: Experimente und Selbstfindung
Hitman: Absolution ist mit Sicherheit kein schlechtes Spiel. Es ist aber mMn kein gutes Hitman-Spiel. Was ich gerne von Hitman will, habe ich bei Blood Money bekommen: Freiheiten, coole Aufträge, abwechslungsreiche Locations, die Möglichkeit, einfach eine Stunde lang die Karte zu kontrollieren, um meinen Plan auszutüfteln, an dem dann nach fünf Minuten scheitern und einen neuen Plan erdenken, indem ich die Abläufe auf der Karte studiere usw.
All das hat Absolution kaum oder gar nicht. Die Karte wurde komplett ersetzt durch das neue Instinct-System. Das finde ich grundsätzlich nicht verkehrt, denn es hat den Vorteil, dass man Abläufe direkt in der Umgebung sehen kann. Man muss also nicht ständig zwischen Karte und Spiel hin und her springen und umständlich durch die Karten der verschiedenen Stockwerke blättern usw. Das Instinct-System ist aber noch nicht ganz ausgereift und nicht immer übersichtlich. Manchmal funktioniert es auch einfach nicht richtig und zeigt gar nicht alle Personen in der Nähe an und man rennt dann doch in einen Gegner rein.
Die eigentlichen Problem von Absolution liegen aber auch eher in den anderen Punkten. Fangen wir mal mit den abwechslungsreichen Locations an: Hier gibt es genau 2. Chicago und ein Kaff namens Hope. That’s it. Warum das so ist, ergibt sich aus der Story heraus. Da sage ich ganz klar: Eine Story zu haben ist nett, obwohl hier auch vom Stil her sehr unpassend zur Reihe, aber wenn ich wählen müsste, hätte ich lieber keine und dafür mehr Abwechslung. So ist das alles doch sehr eintönig, obwohl man zumindest in den Levels selbst versucht, Abwechslung reinzubringen und man nicht nur in den eigentlichen Orten unterwegs ist. Aber das erste Drittel ist schon sehr eintönig mit Chicago bei Nacht im Regen in quasi jeder Mission.
Die Missionen sind auch vor allem im ersten Drittel einfach nur unerträglich, wenn man wie ich ein Hitman-Spiel erwartet. Versteck dich vor der Polizei. Fliehe vor dem Helikopter. Klopp dich mit repetitiven Quick Time Events durch eine Kneipe. Fliehe zum Bahnhof. Schleife den bewusstlosen Typen durch das halbe Level zum Ausgang. Kletter in einer Mine rum und finde den Ausgang. Suche Sicherungen, um den Strom anzustellen. Und so weiter. Das ist alles Kram, den ich nicht machen will. Ich will Zielpersonen und deren Umgebung studieren. Ich will mich in einem Level verlieren und nach ner halben Stunde feststellen, dass ich immer noch keinen brauchbaren Plan zusammen habe, aber einfach mal mit Trial & Error reingehen. Ich will daran verzweifeln, wie ich die Zielperson unentdeckt umnieten kann. All das verweigert mir das Spiel im größtenteils. Ausnahmen bestätigen hier eher die Regel und das sollte umgekehrt sein.
Ebenfalls absolut grauenhaft ist das Checkpoint-System. Statt im Level speichern zu können, gibt es vorgesehene Checkpoints, die man mal selbst aktivieren muss oder die mal wie ein Levelausgang wirken, aber nur in die nächste Location des Levels führen, von der es dann auch kein zurück mehr gibt. Dadurch ist hier erstens sehr viel sehr geradlinig vorgegeben und zweitens verliert man gerne mal eine Tarnung oder seine Waffen, wenn man nur durch eine Tür geht, weil das Spiel wohl nicht will, dass man die im nächsten Bereich noch hat. Noch nerviger ist aber, das Gegner resetet werden, wenn man einen Checkpoint lädt. Dann sind zuvor freie Wege plötzlich wieder mit Gegner besiedelt und man hat sich im Grunde durch den Checkpoint den Rückweg verbaut. Nervt einfach hart, wenn das passiert.
Positiv ist die KI, die sich nicht von jeder Tarnung einfach täuschen lässt, aber sonst hat mir hier nicht viel Spaß gemacht. Ich sags mal so: Das Spiel hat 20 „Missionen“. Davon hat nichtmal die Hälfte klassische Zielpersonen, für die man sich selbst einen Plan austüfteln darf. Das ist mir eindeutig zu wenig. Aber das Scarecrow-Level ist nice.
Wenn Blood Money der Höhepunkt ist, ist Hitman: World of Assassination der Olymp. Nahezu jedes Level ist eine Open World, in der man sich komplett austoben kann, das Spiel gibt einem aber auch innerhalb der Level Storys an die Hand, die zum Ziel leiten, wenn man das lieber mag, es gibt unzählige Wege zum Erfolg und es ist einfach ein großer Spielplatz für Hobby-Auftragskiller.
Das ganze wirkt ein wenig wie ein Soft Reboot. Man hat die vorherigen Stories nicht komplett ignoriert, aber man setzt nicht am Endpunkt von Absolution wieder an - im Grunde lässt man den Storystrang sogar komplett außen vor und kehrt wieder zum Status Quo zurück: 47 und Diana tun Killer-Dinge.
Dabie gibt es zahlreiche Verweise auf die alten Spiele (und Monty Python) und zahlreiche Spielmodi, sodass mir sicher nicht so schnell langweilig werden wird, auch, wenn ich die Kampagne jetzt durch habe. Aber schon da hatte ich unfassbar viel Spaß und habe mich in den Leveln verloren. Teilweise habe ich einfach stundenlang nur erkundet, und das Spiel belohnt mich auch dafür, weil fast an jeder Ecke irgendwas zu finden ist, seien es Storyfetzen, Waffen, Gegenstände oder sonstwas.
Ich glaube, es braucht Absolution als Experiment, um hier anzukommen, denn viele Elemente sind noch im Spiel, aber besser und eben mit dem alten Konzept der offenen Herangehensweise verbunden. World of Assassination ist also im Grunden die Symbiose aus allen vorherigen Spielen und treibt den Spaß auf die Spitze.
Gut, Teil 3 bzw. hier dann die letzten Level haben mir nicht mehr ganz so gut gefallen, weils irgendwie weniger ausgeklügelt wirkt. Generell wirkt Teil 3 so ein wenig „halbfertig“. Man hat zum Beispiel auch ein nettes Hack-Feature eingebaut, dass aber kaum genutzt werden kann. Irgendwie wäre da insgesamt noch ein wenig mehr gegangen, aber das ist alles Meckern auf hohem Niveau.
Ich spiele noch ein wenig weiter und erkunde unentdeckte Ecken, um meine Morde noch besser zu planen.