Brothers - A tale of two sons
2 Sticks, 2 Knöpfe, kein einziges geschriebenes oder gesprochenes Wort (die paar Laute Fantasiesprache ausgenommen) und nach 3 Stunden war es vorbei. Und ich habe geweint, das erst zweite mal in über 20 Jahren mit Videospielen.
Eigentlich müsste ich jedes ‘‘sensationell’’ oder ‘‘großartig’’, was ich zu meinen zuletzt durchgespielt und hier benannten Spielen geäußert habe, nach diesem Spiel wieder zurücknehmen. Die Art und Weise, wie Brothers sein Abenteuer präsentiert und inszeniert, ist wahrhaft fantastisch.
Die Idee, alleine zwei Figuren zu spielen, ist sehr nett und funktioniert, obwohl die Koordination von zwei Figuren gleichzeitig dann doch keine Selbstverständlichkeit in Videospielen ist, überraschend gut. Liegt auch daran, dass es keine allzu hektischen Szenen gibt und die Rätsel eher leicht sind, wo sich manch einer wohl beklagen wird, dass es zu leicht ist. Mich hat weder das noch die Spielzeit gestört.
Was ich sehr schätze bei bestimmten Spielen, ist eine gewisse Art Minimalismus. Dead Space eignet sich da gut als Beispiel, wo es kein typisches HUD gibt und alle Anzeigen in das Spiel eingebaut sind. Brothers geht da noch ein Stück weiter. Abgesehen von einer Hand voll Einblendungen zu Anfang, die Steuerung erwähnen, gibt es keinerlei Anzeigen im Spiel. Keine Energieleisten, keine Anzeigen irgendwelcher Sammelgegenstände - rein gar nichts. Es ist schlicht nicht notwendig und hilft dem Spiel, finde ich, merklich.
Es hat, wie gesagt, keine Silbe Text und nur hier und da werden Laute in einer Fantasiesprache ausgetauscht. Dennoch schafft es das Spiel, eine Geschichte zu erzählen und eine gewisse Stimmung/Atmosphäre zu erzeugen. Es ist unfassbar, was sehr viel größere Spiele alles auffahren, um irgendwie ihre Story und ihre Figuren zu vermitteln, die mir in 90% der Fälle 5 Minuten später wieder scheißegal sind trotz aller Bombastinszenierung. Die beiden Brüder, die man steuert und begleitet auf ihrer Suche nach einem Heilmittel für den kranken Vater, waren mir tatsächlich relativ schnell nicht egal. Die Idee mit der Steuerung und die Entscheidung, es nicht zu einem Koop-Spiel zu machen (wobei es vielleicht auch seinen Reiz hat, sich zu zweit einen Controller zu teilen und so zu spielen), sondern einem Spieler beide Figuren zu überlassen, trägt einen großen Teil dazu bei, weil diese Abhängigkeit der beiden bei ihrem Abenteuer sehr gut transportiert wird.
Die Bilder und die Musik sorgen darüber hinaus für richtig gute Stimmung, die unter die Haut geht. Geht es noch ziemlich bunt und nett zu am Anfang, wo einem auch mal ein freundlicher Troll hilft, wird es mit der Zeit etwas düsterer und man sieht auch andere Seiten der Welt. Es ist vielleicht ganz so wie bei Souls, dass die Welt sich selbst erzählt, was ohne Texte einfach schwierig ist, aber sie hat bei mir ein richtiges Interesse geweckt in einigen Momenten und regt hier und da wohl zu Diskussionen/Interpretationen an. Die Musik erledigt dabei ihren Part, die stellenweise wirklich auf den Punkt genau die Stimmung trifft und wunderbar untermalt.
Zum Ende will ich gar nichts sagen, das soll jeder selbst erleben, der es noch nicht gespielt hat. Wie sie es aber beim Finale geschafft haben, mit nur einem winzigen Kniff bei der Steuerung die emotionale Intensität auf eine höhere Ebene zu bringen, ist einfach klasse. Für mich ganz klar das bessere ICO (was ich gut fand, aber eben nicht mehr) und ein Spiel, an das ich noch oft denken werde. Fast schäme ich mich, es für vermutlich fast geschenkt irgendwann in einem Sale gekauft zu haben. Diese 3 Stunden wären mir rückblickend auch die 20€ wert gewesen.
Manch einer mag mir widersprechen, eine gewisse Vorliebe für diese Art Spiel braucht man wohl, aber für mich eine absolute Überraschung. Dass es ein (sehr) gutes Spiel sein soll, habe ich gehört. Dass es mich tatsächlich emotional ergreift, hätte ich NIE erwartet, denn daran sind dann doch schon ein paar Spiele, wo ich mir das erhofft habe, mehr oder weniger gescheitert.