Ich denke nicht, dass es zu den einzelnen Folgen so unzählige Beiträge gibt, dass man jedes Mal einen neuen Thread beginnen muss. Außerdem kann es ja auch schonmal ein paar Wochen dauern, bis man ein vorgestelltes Buch gelesen hat und man sich an die spezielle Folge gar nicht mehr mit Datum erinnern kann. Daher kann hier gerne alles rein, was zum Buch Klub gehört.
Ich fange mal an mit der Erinnerung an die Hausaufgabe von Simon:
Accelerando von Charles Stross
Sowieso einer meiner absoluten Lieblingsautoren, und zwar aus 2 Gründen. Seine Figuren haben absolut außergewöhnliche Persönlichkeiten, die jenseits von gängigen Klischees sind. Dies fügt sich oft nahtlos in die Thematiken ein, so hat er zum Beispiel in Glashaus eine Zukunftswelt, in der man das Backup seiner Identität in einen beliebigen Körper laden kann, was natürlich die uns bekannten Rollen- und Geschlechterbilder komplett obsolet macht.
Der 2. Aspekt ist die Tatsache, wie er real vorhandene Probleme unserer Welt in seinen Zukunftsszenarien in einer leicht verzerrten Art wiedergibt, so dass die Missstände deutlich werden. So hat man selbst bei den abgedrehtesten Sci-Fi-Welten den Bezug zur Realität und kann somit immer etwas damit anfangen.
In Glashaus zum Beispiel sind wir in einer Welt, die 1000nde Jahre in der Zukunft spielt. Dort gibt es ein archäologisches Experiment, welches anhand der Aufzeichnungen aus unserer Zeit unsere Gesellschaft rekonstruiert und die Teilnehmer für längere Zeit so leben lässt, wie sie sich das vorgestellt haben. Der Haken an der Sache ist, dass sie die Aufzeichnungen absolut wörtlich nehmen. So gibt es eine streng christliche Rollenverteilung und jede Abweichung davon wird strengstens bestraft. Inzuge dessen ergründet das Buch, was mit Persönlichkeiten passiert, die eigentlich die absolute Freiheit und persönliche Entfaltungsmöglichkeiten gewohnt sind, wenn sie plötzlich die Möglichkeit haben, durch ihre Stellung Macht über andere Menschen auszuüben.
In einem anderen Buch (Kinder des Saturn) befinden wir uns in einer Zeit, in der die Menschheit schon lange ausgestorben ist, allerdings ist das Universum von Robotern besiedelt, die wir nach unserem Ebenbild erschaffen haben. So fällt den Robotern also zum Teil nichts besseres ein, als auf einigen Planeten unsere unterschieldichen Epochen nachzustellen, in denen der Adel Sklavenroboter unterdrückt und somit wieder den Bezug zu unseren Problemen und unserer Geschichte findet.
Ein weiteres Buch (Singularität) handelt von einer Macht, die die Gefahr des Konfliktpotentials der Menschen in der Zukunft erkennt und daher gleichgesinnte Menschen einfach auf verschiedene Planeten umsiedelt, so dass sie sich nicht gegenseitig auslöschen.
Dadurch sind auf einem Planeten Menschen gelandet, die das absolute Patriarchat mit fest eingefahrenen Rollenbildern in einer rückständigen Welt leben. Und wie sollte es anders sein, hat in dieser Welt das Militär einen sehr hohen Stellenwert und so bauen sie riesiege Kriegs-Weltraumschiffe mit denen sie hoffnungslos überlegene Mächte angreifen ^^.
Für Accelerando habe ich die umwerfende Schreibweise von Charles Stross besonders in Erinnerung. Dort geht es ja um die Entwicklung der Menschheit in den nächsten Jahrhunderten und der Autor passt seine Schreibweise an die einzelnen Entwicklungsstufen grandios an. Dass durch das Internet unendlich viele Informationen auf uns einprasseln, kennen wir ja schon. In diesem Buch werden die zusätzlichen Eindrücke nicht weniger, und Stross schafft es, durch seine Schreibweise auch immer mehr Informationen in jeden einzelnen Satz zu packen, die aus einer schier unerschöpflichen Quelle der Kreativität auf die Leserin einprasseln. Ja, das ist zum Teil etwas fordernd, aber durch die Eloquenz auch sehr unterhaltsam und nie überfordernd.
Zum Schluss möchte ich noch ein paar Gedanken zu Büchern loswerden, die ich durch den Buch Klub gelesen habe.
Phoenix - Tochter der Asche von Ann-Kathrin Karschnick
Hat mich positiv überrascht. Liebenswerte Figuren und dafür, dass sie ja nur nebenberuflich schreibt, recht hochwertig geschrieben. Die Eigenheiten des speziellen Tesla-Steam-Punks sind allerdings leider nur sehr selten wichtig geworden. Da erkennt man doch deutlich den Unterschied zu anderen ausgedachten Welten wie Star Wars oder der Herr der Ringe.
Für den niedrigen Preis aber überdurchschnittlich gut.
Philip K. Dick - Blade Runner
Hatte ich als Blade Runner Fan schon vorher gelesen. Ist sehr anders als der Film, aber hat mich von der ersten Sekunde an gefesselt. Unglaublich spannend und von der Stimmung her erdrückend melanchloisch, noch mehr als der Film.
Phillip P. Peterson - Transport
Ist im Grunde genau so, wie Nils es vorgestellt hat. Stargate mit leichten Horrorelementen. Die einzelnen Planeten entwickeln schon eine angenehme Faszination, die Hauptfigur aber zu gewollt ‚cool, hart und trotzdem sympathisch‘.
Ist das wenige Geld aber auch absolut wert.
Hugh Howey - Silo
Von der Stimmung her ein bisschen wie Blade Runner, wenig Sensationsgierig, nimmt sich viel Zeit, die Handlungsstränge auszuerzählen, nimmt das Setting sehr ernst und macht der Leserin dementsprechend wenig Zugeständnisse an positiven Höhepunkten und Erfolgserlebnissen. Liest man so in dieser Stimmung selten und daher zu Recht eine Empfehlung.
Sergej Lukianenko - Labyrinth der Spiegel
Hat mich auch positiv überrascht, da ich mit den Wächter-Büchern nicht viel anfangen konnte. Aber hier gefallen mir das Setting und die Figuren sehr gut, man fiebert gerne mit ihnen mit und das Hauptthema zwischen Matrix und Neuromancer tut sein übriges.
Ernest Cline - Ready Player One
Das schwächtse Buch bisher von den Vorstellungen. Ja, es ist kurzweilig geschrieben und auch eher spannend als langweilig, am Ende aber jenseits augenzwinkender popkultureller Anspielungen ohne viel Tiefe und schnell wieder vergessen. Die leicht naiven emotionalen Darstellungen der Hauptfiguren versprühen aber schon ein wenig Charme.
Andy Weir - Der Marsianer
Muss man wohl nicht mehr viel zu sagen. Durch die Erzählung aus der Tagebuchform jederzeit nachvollziehbar und nah an der Figur dran, ruft faszinierende Vorstellungen vom Leben auf einen anderen Planeten vor. Das ist mal ein Buch, bei dem man sich wünscht, dass es gar nicht großartig spannender wird und nichts weiter passiert, da alleine die Anwesenheit auf dem Mars schon ausreicht und man sich über jeden weiteren Tag freut, der kommt.
Die Darstellungen der Forscher auf der Erde kommen zudem im Gegensatz zum Film ohne viel Pathos aus, sondern die Forscher sind meistens einfach nur angenehm am Ende, genervt und überarbeitet. Tolle Science Fiction.
H. P. Lovecraft
Obwohl mir die Themen absolut liegen, konnte ich die Faszination für die Bücher noch nie nachvollziehen. Der Rassismus geht mir tierisch auf die Nerven, die Geschichten sind ausnahmslos eindimensional erzählt und einen inszenatorischen Ryhtmus wird man wohl nur durch Zufall mal finden.
Lediglich ‚At the Mountains of Madness‘ und ‚The Music of Erich Zann‘ haben bei mir ansatzweise funktioniert, besonders wenn man sich in die Zeit zurück versetzt, zu der eben noch nicht die ganze Erde erforscht war und man sich noch Geheimnisse vorstellen konnte.
Das Positivste an Lovecraft ist für mich sein Einfluss auf andere Autoren, die seinen Mythos deutlich besser umgesetzt haben, wie zum Beispiel Charles Stross in seinen Laundry Files Romanen.