Ich entnehme diesem Unterforum, dass es eine Menge Leute gibt, die Pen & Paper zwar schon immer mal ausprobieren wollten, aber von der schieren Masse an Optionen völlig erschlagen werden.
Denjenigen unter euch, die kein Interesse an Hack and Slay und Tabellen über Tabellen haben, würde ich gerne Risus ans Herz legen.
Meiner Meinung nach eins der einsteigerfreundlichsten Regelwerke überhaupt.
Das System besteht praktisch nur aus nem simplen Kampfsystem und ist auf vier DIN A4 Seiten komplett erklärt. Es motiviert die Spieler zum Ausspielen einer Rolle und verwendet gewöhnliche sechsseitige Würfel. Und das PDF ist auch noch vollkommen kostenlos zum Download erhältlich.
Hier ist eine Erklärung der Spielmechanik:
Das Regelwerk ist universell. Was bedeutet, dass im PDF nur die Regeln ohne eine vorgegebene Welt beschrieben werden. Es ist als Basis gedacht, die der Game Master dann an sein gewähltes Szenario anpasst. Das hat Vor- und Nachteile (bisschen Hirnarbeit für den Master, weil er/sie sich erstmal alles überlegen muss; dafür von Grund auf custom angepasste Welt).
Charaktere bestehen aus sogenannten „Klischees“, was grob zusammengefasste Eigenschaften / Skills sind, die komplett frei vom Spieler bestimmt werden dürfen.
Ein Klischee kann z.B. sowas sein wie Aufmüpfiger Jedi-Padawan, Liebt Erdnussbutter mehr als sein Leben oder Haters gonna hate. Alles, was den Charakter gut beschreibt, kann ein nützliches Klischee sein.
Jeder Spieler darf beim Erstellen seines Charakters 10 sechsseitige Würfel auf mindestens 4 Klischees verteilen. Dabei darf ein Klischee am Anfang maximal auf (4) gesteigert werden.
(Man braucht zum Spielen also effektiv nur 4 Würfel pro Spieler.)
Z.B. würde das Klischee Jähzorniger Raufbold (4) bei einem Charakter dafür sorgen, dass er im Falle eines Konflikts vier Würfel einsetzen kann, um sein Gegenüber zu bezwingen. Konflikte in Risus können ganz klassisch Kämpfe sein, müssen es aber nicht notwendigerweise. Ein Kochwettbewerb oder ein Rap-Battle können auch Konflikte sein.
Der Game Master kann auch ganz abstrakten Dingen Klischees zuweisen.
Zum Beispiel könnte dein Charakter auf einmal mit seinen persönlichen Dämonen (3) in Konflikt stehen. Oder der wild wuchernde Urwald (2) verhindert ein einfaches Vorankommen der Spieler-Charaktere.
Die drei Konfliktarten des Spiels:
Wenn ihr eurem Charakter eine Schwäche gebt, kann das vom Master auch genutzt werden, um einem das Leben schwer zu machen. Was oft zu interessanteren Situationen im Spiel führt.
Vielleicht hat unser Jähzorniger Raufbold ja die Schwäche Alkoholiker? Und könnte dann z.B. in einer wichtigen Situation seinem Drang nicht widerstehen. Das kann der Game Master nutzen, um die Story spannend zu halten.
Vier Seiten kostenloses Regelwerk und ausschließlich sechsseitige Würfel - sehr niedrige Einstiegshürde also. Perfekt für schnelles Improspiel und wenn man mal eben was zusammengeschustert braucht.
Charaktere sind fix erstellt und sind dabei trotzdem komplex genug, um sie ausspielen zu können. Durch die extrem simple Spielmechanik natürlich nichts für Taktiker und Fans von simulatorischem Spielen.
Dafür aufgrund der lockeren Regeln eher was für die Geschichtenerzähler und Schauspieler unter uns.
Risus Regelwerk
Dimas Custom A5-Charakterbögen basierend auf dem MGF System.
Das reicht für einen Charakter. Vier Klischees, vielleicht eine Schwäche. Vielleicht trägt der Charakter etwas mit sich rum.
Die Fragen sind komplett optional, und sollen euch eher dazu dienen, euren Charakter für euch selbst detaillierter zu definieren.
Falls ihr den Charakterbogen euren Bedürfnissen anpassen wollt, sind hier die offenen Daten.
Ihr braucht zum Öffnen die Open Source Layout-Software Scribus. Und selbstverständlich benutz ich wie auf dem Animal Squad Charakterbogen die Fira Sans als Schriftart.
A propos Improspiel - die deutsche Übersetzung von Play Unsafe kann ich jedem Spielleiter wärmstens ans Herz legen.
Sowie den Critical Success und den Fear the Boot Podcast.
Und natürlich die GM Tips Playlist von Geek & Sundry.
Alternativen zu Risus:
Risus hat einige bekannte Quirks.
An erster Stelle wäre da die “Death Spiral”, die entsteht, wenn ein Charakter gegen einen stärkeren Gegner würfelt. Es ist einfach sehr wahrscheinlich, dass das stärkere Klischee gleich in der ersten Runde den kompletten Kampf entscheidet.
Mit beispielsweise 2 verbleibenden Würfeln gegen 4 gegnerische anzukommen ist nun mal ziemlich schwer.
Man kann dagegen angehen indem man Kämpfe nicht tödlich gestaltet. Oder in Kampfsituationen alternative Regeln benutzt.
Oder man probiert eins der vielen anderen kostenlosen einsteigerfreundlichen Systeme aus!
Eine Alternative wäre zum Beispiel FU - Das freie und universelle Rollenspiel. Ich persönlich habe damit leider noch keine Erfahrungen machen können, aber nach allem was ich gehört habe, soll es ziemlich gut sein.
Wenn ihr’s euch noch eine Stufe einfacher machen möchtet, könnt ihr auch Laser & Gefühle ausprobieren. Da braucht ihr noch nicht mal einen Charakterbogen, weil ein Charakter einfach eine Zahl von 2 bis 5 mit ein paar minimalen Beschreibungen ist.
EDIT: Ich hab trotzdem mal einen Charakterbogen gebaut. Daran könnt ihr auch ganz gut erkennen, wie einfach dieses Regelwerk ist.
Es gibt im Unterschied zu vielen anderen Rules Light Systemen sogar ein kleines Szenario. Was den Einstieg nochmals erleichtert. Wird genauso wie FU und Risus ausschließlich mit gewöhnlichen Würfeln gespielt. Das gesamte Regelwerk ist aber bereits auf einer einzigen DIN A4 Seite (!) erklärt.
Hier ist ein Actual Play des Systems. Und hier ist ein Hack des Systems, der das Setting von Sci-Fi auf Fantasy ummünzt. Inklusive putzigem Artwork.
Ihr könntet auch sowas wie Everyone is John ausprobieren, bei dem jeder Spieler abwechselnd die innere Stimme eines einzelnen Charakters mit Multipler Persönlichkeitsstörung spielt. Und dabei versuchen muss, seine persönlichen Ziele vor den anderen Persönlichkeiten zu erreichen.
Ist oftmals pures Chaos, weil jede „innere Stimme“ natürlich ihre eigenen geheimen Ziele verfolgt und jeder gegen jeden spielt. Ebenfalls nur W6 und auch nur eine einzige DIN A4 Seite lang.
Ansonsten schreibt hier dochmal rein, wenn euch noch weitere einsteigerfreundliche Systeme einfallen.