Breaking Bad:
Mensch, wirklich ziemlicher Hammer die Serie…
Muss zugeben, beim ersten Mal hats bei mir nicht GANZ so „klick“ gemacht wie bei den meisten. Ich mochte die Serie immer, aber ich fand sie immer eher einfach ein „sehr gut“ als dieses „FANTASTISCH“, das sie überall erhalten hat.
Jetzt beim zweiten Mal schauen muss ich sagen: Ich glaube ich habe viele der Qualitäten beim ersten Mal unterschätzt.
Aber bevor ich diese hier aufzähle will ich lieber schnell mit den negativen Punkten anfangen. Denn diese hat die Serie durchaus, und auch beim zweiten Mal schauen hat sich meine Meinung da nicht vollständig geändert.
Das grösste Problem in meinen Augen ist, dass Walter Whites Erfolge viel zu oft entweder mit seinem Glück zusammen hängt… oder, und das ist der grössere Störfaktor, mit der Tatsache, dass für seine Erfolge oft die Intelligenz der Charaktere um ihn herum runtergeschraubt wird.
Der „Glücks“-Faktor kann man unter Umständen als absichtlich von den Machern so gewollt einstufen. Diverse Aspekte der Serie scheinen ein bisschen mit der Tatsache zu spielen, dass der Protagonist wesentlich weniger geschickt ist, als er eingeschätzt wird und es für ihn so oft hätte schief laufen können… aber weil er einfach immer extremes Glück hat erhält er in seinem Umfeld schnell den Ruf, dass er viel, viel kompetenter und vor allem gefährlicher sei, als es ein krebskranker Chemielehrer eigentlich wäre. Der Glücksfaktor ist also weniger ein Problem, auch wenn es zum Teil etwas überstrapaziert ist.
Aber die Tatsache, dass die Intelligenz anderer Charaktere zwischendurch runtergeschraubt wird… nun, das wird dann doch irgendwann zu einem Problem.
Nur so als Beispiel:
Das ganze Finale von Staffel 3 dreht sich darum, dass Walter durch die Präsenz von Gale für Gus plötzlich unentbehrlich wird. Walter weiss das, Gus weiss, dass es Walter weiss, Mike weiss das alles auch… und trotzdem lässt Mike nicht nur Walter einen Telefonanruf tätigen und so lange reden bis er Jessie die Instruktionen gegeben hat… es ist auch anscheinend niemand von Gus’ Männer bei Gale um ein Auge auf DIE WICHTIGSTE PERSON in Gus’ Operation zu haben. Hätte Gus (ein Mann der seine Augen und Ohren sonst überall hat) nur EINEN Bodyguard vor Gales Haus platziert, dann wäre es für Walter zu Ende gewesen. Aber, weil Walter halt gewinnen muss, hat Gus für DIESE Eventualität (dass Walter eventuell Gale aus dem Weg räumen will…) keinen Notfallplan bereit.
Und einmal ginge das ja. Aber vor allem ab der dritten Staffel passieren solche Dinge einfach zu oft. Die ganzen Argumentationen, warum Hank nicht die Resourcen des ganzen DEA gegen Walter ins Feld führen kann ist so überkonstruiert, dass man wirklich das Gefühl hat, die Macher wollten einfach nicht, dass Hank sein ganzes Potential auffahren kann, anstatt dass es organisch wirkt. Und all das Glück und die Zufälle und Walters fragliche Kompetenz bezüglich seiner Pläne kumuliert dann in einem Finale, wo Walters Plan (mit dem automatischen Maschinenegewehr im Kofferraum) derart überkonstruiert ist, dass es vermutlich mehr Eventualitäten gegeben hätte, welche den Plan NICHT hätten funktionieren lassen, als dass es tatsächlich funktioniert.
Nur um es klar zu machen, ich sage nicht, dass mir das die Serie ruiniert. Die Serie gibt immer Gründe dafür, warum das ganze für den Protagonisten so funktioniert wie es funktioniert. Ich sage nur, dass es dann doch etwas viele Fälle gibt, wo ich der Serie die Gründe nicht so ganz abkaufe.
Und der zweite Kritikpunkt den ich habe dreht sich voll und ganz um die letzte Staffel.
Denn oh Mann, da gibt es einen ganz gewaltigen Schwachpunkt, und zwar Todd, sein Onkel und diese ganze Bande.
Sind wir ehrlich, in einer Serie welche sehr, sehr gelungene Antagonisten hat ist dieser Haufen Nazis einfach uninteressant und funktioniert nicht so wirklich.
Die Typen sind einfach nur „böse“. Das ist die ganze Charakterisierung die sie erhalten. Sie sind böse und grausam und es ist mega, mega schlimm wenn man die gegen sich hat.
Das Problem ist, dass man kaum mehr über sie lernt. Ok, sie sind unglaublich kompetent. Und ich meine „unglaublich“ im Sinne dass es mir schwer fällt es zu glauben. Man lernt nie, wieso sie ihre Kompetenzen haben, und man lernt nie, WIE sie überhaupt vorgehen.
Einer der Schlüsselmomente in der letzten Staffel ist das Attentat auf alle Häftlinge im Gefängniss. Walter will, dass diese alle gleichzeitig ausgeschaltet werden. Wie soll das also gemacht werden?
Nun… Todd hat einen Onkel der Erfahrung im Gefängniss hat und dort seine Gang-Kumpels hat. Dieser Onkel sagt, es sei trotzdem unmöglich das zu machen, Walter sagt „Machs trotzdem“ und dann… machen sie es einfach. Irgendwie.
Dass Heisenberg den Ruf hat, sowas durchziehen zu können ist ein MASSIV wichtiger Punkt in der letzten Staffel… und zustande bringt er das, weil Tod einen Deus Ex Nazi kennt, der 5 Minuten vorher dem Zuschauer vorgestellt wird.
Keine Ahnung. Das ist für mich nicht befriedigend, und dass diese Truppe dann der grosse Endgegner wird sitzt für mich nicht richtig.
Aber ok…
Genug gemotzt, denn ich will hier nicht den Eindruck machen, dass die Serie nicht grossartig ist. Diese Kritikpunkte sind mir beim ersten Mal schauen negativ aufgefallen, ich stehe nach wie vor zu meiner Meinung ABER ich muss auch gestehen, dass ich diese Punkte nach wiederholtem schauen wesentlich weniger gravierend finde als beim ersten Mal. Und die Serie machen sie auf jeden Fall nicht kaputt.
Denn sie IST grossartig.
Die ganze Geschichte um Walter White und seine Wandlung zu einem der grössten Drogenbarone der USA ist einfach unglaublich gut erzählt!
Die Charaktere dürften wohl der stärkste Aspekt sein. Die sind alle so fantastisch geschrieben. Alle durchs Band nuanciert und komplex, alle mit glaubwürdigen Motivationen, und alle auch fantastisch gespielt von ihren jeweiligen Schauspielern.
Brian Cranston und Aaron Paul haben FANTASTISCHE Chemie und tragen die Serie unglaublich gekonnt. Anna Gunn ist unglaublich gut in der Rolle als Skyler und zeigt hervorragend eine Darstellung eines Charakters, der wie eine normale Person wirkt in einer Situation, wo sie permanent nur vor schlechte Optionen gestellt wird (übrigens: wer mal ein gutes Beispiel für casual Sexismus sehen will soll man schauen wie sehr in einer Serie voller Massenmörder der meiste Hass bestimmter Zuschauer gegen den einen weiblichen Charakter ging, deren Fehlerverhalten primär einfach war, dass sie ihre Kinder vor der grausamen Realität schützen wollte…). Dean Norris ist grossartig als Hank Schrader, ein Charakter der so einfach nur ein Klischee hätte sein können, aber stattdessen einer der interessantesten Charaktere der Serie wurde…
Der Cast ist fantastisch, die Charaktere brilliant geschrieben! Und so viele Zitate und Momente sind einfach ikonisch geworden, weil sich die Macher etwas getraut haben. Viele Dinge mögen auf dem Papier etwas seltsam wirken oder man muss sich fragen wie gut es wirklich funktioniert. Aber die Serie macht einfach ihr eigenes Dinge und es zahlt sich voll und ganz aus!
Und was ich der Serie auch zu gute halten muss, was ich auch schon bei „Better call Saul“ immer wieder bejubelte:
„Show, don‘t tell“… diese Regel wird kaum von einer anderen Serie besser umgesetzt als von Werken von Vince Gilligan!
Man muss nicht immer alles erklären! Man muss nicht immer alles erzählen und doppelt verbal unterstreichen!
Wenn man in einem visuellen Medium etwas ZEIGEN kann, dann kann man es einfach ZEIGEN und muss nicht zusätzlichen Dialog verbrauchen um das ganze dann dem Zuschauer nochmals zu sagen. Gilligan scheint einfach davon auszugehen, dass der Zuschauer aufpasst und mitdenkt.
Ich war etwas nervös, nach „Better call Saul“ zu „Breaking Bad“ zurück zu kehren. Wie gesagt, ich dachte nie, dass die Serie ihrem extremen Hype so ganz gerecht wurde, und nachdem ich „Better call Saul“ ehrlich gesagt besser fand als „Breaking Bad“ beim ersten Mal, befürchtete ich, dass ich jetzt noch mehr enttäuscht würde.
Aber das Gegenteil war der Fall. Die Serie ist beim zweiten Mal schauen besser als beim ersten Mal. Ich weiss vieles jetzt viel mehr zu schätzen…
Und VERDAMMT, wenn das nicht mal ein fantastisches Beispiel ist, wie zwei Serien zusammen kommen können…! Diese beiden Serien ergänzen sich auf eine Weise, die ich nicht für möglich gehalten hätte!
Fazit: Beim zweiten Mal schauen bin ich jetzt viel begeisterter als beim ersten Mal. Die Serie ist grossartig und hat mehr Qualität als ich beim ersten Mal realisierte.