Gerade melden sich ja wieder mal vermehrt Leute, die berichten, wie wenig sie den Sender im Vergleich zu früher noch schauen. Mir selbst geht es sehr ähnlich. Ich schaue nur noch gezielt und immer weniger live. Bei vielen Kommentaren, die man liest, schwingen große Enttäuschung und Vorwürfe an den Sender mit. Und auch wenn ich diese manchmal teile, frage ich mich doch, ob die Vorwürfe wirklich fair sind.
Ich glaube nämlich ehrlich gesagt nicht. So bin ich zum Beispiel überzeugt, dass der Sender heute nur noch einen Bruchteil der Zuschauer anziehen würde, wenn er exakt so wäre, wie in der Anfangszeit.
Ja, die Anfangszeit war toll, im Rückblick vielleicht sogar “magisch”. Alles war neu, man wusste nie was man bekommt und es wurde extrem viel herumprobiert, man konnte aktiv den Sender mitgestalten, usw. Gleichzeitig vergisst man aber auch wie unfassbar anstrengend diese Zeit war. Es gab keinen Sendeplan und wenn doch war eigentlich jede Sendung zu spät, es gab unzählige langweilige Let’s Plays und es gab Technikprobleme noch und nöcher. Sowas erträgt man eine gewisse Zeit, aber halt auch nicht ewig.
Zeiten ändern sich, man selbst ändert sich und Formate und Moderatoren nutzen sich ab. Das ist einfach so und lässt sich nicht verhindern. Deshalb bringt es meiner Meinung nach nichts, immer in einer verklärten Vergangenheit zu schwelgen.
Jeder glaubt zu wissen welcher Weg zum Erfolg führen würde. Gleichzeitig sind die Wünsche komplett widersprüchlich und je nachdem in welcher Phase der Sender gerade steckt, wünscht man sich auf einmal Dinge zurück, die man früher kritisiert hat und andersrum. Denn alles was man sich wünscht, hat auch eine Schattenseite:
Planbarkeit führt zu Festgefahrenheit, Spontanität zu Beliebigkeit, feste Moderatoren zu Langeweile, abwechselnde Moderatoren zu fehlender Identifikation, Professionalität zu Sterilität, fehlende Vorbereitung zu nervigen Technikproblemen, usw
Ich glaube es gibt bei allem nur einen Mittelweg. Und die einzige Möglichkeit, wirklich festzumachen, wo dieser perfekte Mittelweg ist, sind belastbare Zahlen, wie Quoten und Communityumfragen. Wir haben diese Zahlen aber nicht, sondern können immer nur raten.
Wie oft habe ich mir gewünscht, dass es so etwas wie das Hängi gibt. Und jetzt isses da und ich schau doch nur Mini Metro. Solche Fehleinschätzungen passieren immer wieder und ich glaube, wenn jeder wirklich mal selbstkritisch durch seine alten Kommentare gehen würde, würde er wahrscheinlich tausend Dinge finden, die sich widersprechen oder sich im Nachhinein als komplett falsch erwiesen haben. Und ähnlich konfus dürfte auch das Bild sein, dass bei den Bohnen ankommt.
Ich möchte mit diesem Text nicht erreichen, dass weniger kritisiert wird, im Gegenteil. Aber ich würde mir wünschen, dass man, bevor man Vorwürfe äußert, sich selbst immer wieder
a) bewusst macht, dass man selbst nicht die Allgemeinheit ist
b) bewusst macht, dass man nicht mehr die Person von vor drei Jahren ist
c) reflektiert, ob das was man sich gerade wünscht, wirklich das ist was einen wirklich dazu bringen würde mehr einzuschalten
Ich habe diesen Text eigentlich im Beanstalk-Thread geschrieben, aber er ist so lang geworden und hat auch kaum noch was mit der eigentlichen Diskussion dort zu tun, weshalb ich jetzt einfach einen neuen Thread aufmache.
Mich würde echt interessieren, was andere davon halten.