So. Nun komme auch ich dazu, meine Eindrücke und Meinung zu Tenet zu Papier zu bringen. Aber da wir uns in 2020 und damit im Jahre Covid-19s befinden, spielt hier nicht nur der Film an sich, sondern ebenso die Umstände, globale wie persönliche, eine bedeutende Rolle. Fangen wir mit letzteren an.
Das Kino war und ist wie alle Kultureinrichtungen deutlich von den Auswirkungen Coronas betroffen. Monatelang sollten keine Filme über die Leinwände der Lichtspielhäuser flackern. Nicht nur zum Missfallen der Betreiber, sondern auch der Cineasten. Cineasten wie mir. Ohne das Kino, welches so viel mehr ist, als nur ein Ort zum Filme schauen, blieb also das heimische Wohnzimmer. In meinem Fall bestückt mit Leinwand und Surroundsound. Zweifelsohne ein Privileg, welches sich nicht jeder leisten kann oder will. Trotzdem kein Vergleich zu dem Erlebnis in einem Saal voller Menschen, die alle gebannt den magischen Momenten auf der Leinwand folgen. Niemand wusste, ob es den lang ersehnten Blockbustern, Arthouse-Streifen oder Indie-Perlen vergönnt sein sollte, zu solchen magischen Momenten zu werden.
Nach einer Durststrecke von fast 4 Monaten öffneten Anfang Juni die ersten Kinos wieder. Natürlich nur beschränkt und unter Berücksichtigung entsprechender Hygienemaßnahmen.
Meine persönliche Durststrecke dauerte sogar noch etwas länger. Was zum einen daran lag, dass mein Stammkino noch nicht wieder geöffnet hatte, und zum anderen durch eine turbulente und stressige Zeit, privat wie beruflich, bedingt war. Erst als fest stand, dass auch mein Stammkino, das UCI Düsseldorf, mit Tenet wieder seine Pforten öffnen wird, war ein Licht am Ende des Tunnels in Sicht. Pun intended.
Für mich war Tenet also der Restart des Kinojahres 2020, welches sich fast genau fünf Monate zuvor nach einem Doppelbesuch (Bombshell und The Gentlemen) in die Pandemie-Pause verabschiedete.
Und so fuhr ich an dem Abend des 26. Augusts los. Endlich. Ich bin die Strecke schon mehr als hundert Mal gefahren. Doch es war anders. Ich war von derselben Freude und Aufregung erfüllt, wie ich sie früher als Kind an Weihnachten verspürte, wenn es nach dem Gottesdienst wieder nach Hause ging, und die Bescherung bevorstand. Schließlich war ich endlich wieder auf dem Weg. Zum Kino. Um Tenet zu sehen. Im IMAX.
Einen besseren Restart konnte es für mich nur schwer geben, da Tenet nach Dune der Film war, auf den ich mich dieses Jahr am meisten gefreut habe. Zusätzlich hatte ich durch die Pandemie-Pause auch nicht viel mehr als den ersten Trailer vor Augen, und war dementsprechend unbefleckt.
Kleiner Dämpfer bevor es los ging: leider gab es systembedingt eine Doppelbuchung und die anderen waren vor mir da. Aber das störte mich nicht und ich nahm zwar sehr weit links, jedoch mit einem Gratisgetränk Platz. Nach den Trailern zu u.a. Wonder Woman, James Bond und Jim Knopf erlosch das restliche Licht und Nolans neuestes Werk begann…
Nun habe ich fast eine komplette Seite geschrieben und noch kein Wort über den Film verloren. Aber besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen Kommen wir also zu der eigentlichen Review. Ich habe zu diesem Zeitpunkt noch keine anderen Meinungen oder Reviews gelesen oder geguckt, da ich meine Meinung möglichst unbeeinflusst zum Besten geben will.
Vorab: Ich bin ein Nolan-Fanboy. Ich finde nicht alles uneingeschränkt gut was er macht, aber er gehört zu meinen Lieblingsregisseuren und es lässt mich immer aufhorchen, wenn es heißt, dass Nolan einen neuen Film dreht. In diesem Fall heißt der neue Film Tenet.
„Versuchen Sie nicht, es zu verstehen. Fühlen Sie es.“
Bereits während des Films wusste ich, dass eine etwaige Review mit genau diesen Worten beginnen würde. Denn diese sind mit Sicherheit nicht nur für den Protagonisten (mir ist tatsächlich erst nach dem Film aufgefallen, dass er gar keinen Namen hat) bestimmt, sondern direkt an den Zuschauer gerichtet.
Ich vermute an dieser Stelle, dass sich viele dieses Satzes bedienen werden, und Ihre Kritik darum stricken werden. Ich tippe auf Aussagen wie „Nolan hält sich für schlauer als den Zuschauer“, „Zeitreiseelemente sind bloß ein Gimmick“, „ein weiteres Actionspektakel“, „hält keinem zweiten Gedanken stand“. Alles völlig legitim. Auch mir sind diese Phrasen durch den Kopf gegangen. Aber ich bin ein optimistischer und zuweilen naiver Mensch, der sich gerne dem Entertainment und Eskapismus des Filmes hingibt, diesen Satz mit einem wissenden Lächeln zur Kenntnis nimmt und der Aufforderung folgt
Denn Tenet ist ein Blockbuster und für die große Leinwand gemacht. Allein die Openingsequenz mit zahllosen Komparsen ist bombastisch. Dazu dröhnt ein hammermäßiger und treibender Score aus allen Ecken. Einen solchen Adrenalinkick habe ich zuletzt bei Mad Max:Fury Road gehabt. Im Laufe des Films folgen weitere, gewaltige und dennoch handgemachte Actionsetpieces, für die ich Nolan einfach liebe.
Die Story an sich ist eigentlich nicht Neues (Held muss Weltuntergangsplan des Bösewichts vereiteln) und doch kreiselt einem nach den wortwörtlichen Drehs der Kopf.
Allgemein ist Tenet recht hektisch. Schnell geht es von A nach B nach C, Expositionen werden kurz und bündig u.a. in den Öffentlichen abgehandelt (srsly, ihr quatscht über einen streng geheimen Auftrag in der Straßenbahn?) und physikalische Begriffe durch den Raum geschmissen, als wäre technischer Sonderschlussverkauf (Großvaterparadoxon hier, Algorithmus da, Inversion all over the place).
Das Ganze stört den Protagonisten, welcher im Übrigen hervorragend vom charismatischen John David Washington gespielt wird, jedoch herzlich wenig. Der macht einfach seinen Job und rettet die Welt.
Und genauso sollten wir uns auch einfach zurücklehnen, Tenet auf uns wirken lassen, und endlich wieder an den magischen Momenten erfreuen. Die Diskussion danach gehört doch genauso dazu, wie das Erlebnis im Saal.
Fazit: Ist Tenet nur ein weiterer, inhaltsleerer Action-Thriller mit Zeitreise-Gimmick unter dem Namen Christopher Nolan. Oder ist Tenet das clevere Actionspektakel a la Nolan, welches wir uns gewünscht haben und das Kino wiederbelebt? Am Ende bleibt es jedem selbst überlassen. Für mich gilt letzteres. Außerdem freue ich mich einfach wahnsinnig wieder ins Kino zu gehen.
Und nun widme ich mich den ca. 4 Stunden Youtube-Videos auf meiner Watch-Later-Liste
Eine Frage: hatte noch jemand die Vermutung das Robert Pattinson aka Neil der Sohn von Elisabeth Debicki aka Kat ist?