Mal zwei Skandinavier
Naboer (Next Door)
Schwer zusammenzufassen und man sollte auch so wenig wie möglich darüber wissen.
Der Film ist - und es ist in der Filmrezension kein besonders professioneller Begriff, er trifft aber einfach zu - abgefuckt. Es gibt die ein oder andere unangenehme Szene. Minimalistisch und mit 72 Minuten sehr knapp, aber trotzdem wirkungsvoll. Das Verwirrspiel hat bei mir aber nicht ganz gezündet, weil ich schnell den Braten gerochen habe und wusste, was das alles bedeutet.
3,5 von 5 Sternen
Red Dot
Bei einem jungen Pärchen ist der schnöde Alltag eingekehrt. Nach einem Streit um eine kaputte Waschmaschine möchte der Mann sich versöhnen und nimmt seine Frau in die schwedische Eislandschaft mit um Nordlichter zu beobachten. Auf der Hinfahrt kommt es jedoch zum Konflikt mit zwei Wildjägern - man könnte auch schwedische Rednecks sagen - und später als sie zelten kommt es zu einem Zwischenfall, der den Liebes-Kurzurlaub zur Hölle werden lässt.
Ganz frisch auf Netflix und irgendwie ein interessanter Film: Zum einen wäre da der selten dämliche Titel, der falsche Erwartungen weckt. Ich hatte ein Psychospiel erwartet, bei dem das Paar immer wieder mit dem Laservisier terrorisiert wird. Aber obwohl es prominent im Titel, Trailer und in jedem Teaserbild für den Film vorkommt, spielt es außer in einer Szene um Spannung aufzubauen absolut keine Rolle. Da war ich erst einmal enttäuscht, weil es die Erwartungshaltung nicht erfüllt.
Also dachte ich mir nach kurzer Zeit, dass es eine solide Menschenjagd wird. Danach sieht es dann auch eine ganze Weile aus und wenn man schon ein paar Filme gesehen hat, dann weiß man auch, dass es natürlich nicht so offensichtlich sein kann, wie es zunächst scheint. Soweit so gut.
ABER: Wer dann letztlich dahinter steckt, was der Auslöser der ganzen Sache ist und wie das alles ausgespielt wird, hat mich wirklich überrumpelt und absolut positiv überrascht. Der Film weiß darum, dass Menschen wie ich - also Filmfans - einen gewissen Twist voraussehen können (Das Klischee der bösen Rednecks wurde schon zu oft benutzt, als das man es noch verwenden könnte und deswegen können sie es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht sein, die die beiden auf dem Kieker haben) und legt an der richtigen Stelle eine falsche Fährte. So gelingt es „Red Dot“ unvorhersehbar zu sein, selbst wenn man schon meint zu wissen, was Sache ist. Der Film hat einen doppelten Boden unter einem doppelten Boden.
Alle Charaktere sind absolut nachvollziehbar und es wird am Ende richtig fies; Schwarz und Weiß, Gut und Böse, Täter und Opfer alles wird am Ende auf den Kopf gestellt. Auch die Gewalt ist nicht ästhetisiert und tut wirklich weh.
Absolut konsequent und mit 86 Minuten knackig zu Ende gebracht. Die allerletzte Schlusspointe haut richtig rein.
Dazu ist er auch noch hervorragend gespielt und die eisige Landschaft Schwedens ist einfach ein Blickfang und schafft eben eine ganz eigene kühle Atmosphäre. Thriller, die im Schnee spielen… das passt einfach. Bin auch ein großer Fan z.B. von Wind River.
Für mich ein Film, der definitiv aus dem typischen Mittelmaß der Netflix-Produktionen heraus sticht. Vielleicht sogar eine der bisher besten Eigenproduktionen im Filmbereich ist. Wobei da bei mir natürlich auch mitspielt, dass ich wirklich gar nix erwartet habe.
4 von 5 Sternen.
PS: Das ist auch mal so ein kleiner Test für mich, denn das dürfte der Film sein, den ich bisher am frühesten bewerte. Es gibt bisher auf Letterboxd und iMDB nur wenige hundert (wenig begeisterte) Bewertungen und aus dem Dunstkreis von Kritikern, die ich verfolge, hat ihn auch noch keiner bewertet. Hoffentlich liege ich nicht ganz daneben