Star Wars: The Last Jedi
Es ist eine wirklich komplizierte Beziehung, Star Wars 8 und ich. Fangen wir von vorne an.
Als ich ihn 2017 das erste Mal im Kino gesehen habe, fand ich ihn fantastisch, ich sah einige Schwächen, aber das war alles noch vollkommen okay. Als ich das zweite Mal mit meiner Schwester drin saß fingen meine Probleme an. Komik die nur beim ersten Mal funktionierte und auch unangebracht war, ein Handlungsstrang der sich so überflüssig anfühlte, Missinterpretationen der Macht und flackernde Spezialeffekte. Als ich ihn das dritte Mal auf BluRay sah, fühlte ich mich damit vollkommen bestätigt, nahm einen Talk auf in dem ich sehr negativ auf den Film eingeschlagen habe und fand den Film durchweg schlecht.
Jetzt sehe ich ihn zum fünften Mal und muss doch vieles zurücknehmen, aber auch einige neue Dinge anmerken. Man merkt auf jeden Fall, dass Rian Johnson Fanboy ist, aber trotzdem einige wesentliche Aspekte dieser Fantasie nicht verstanden bzw. falsch verstanden hat.
- Humor
Der Film ist recht düster und hart, deswegen verstehe ich, dass man gerade den jüngeren zuliebe natürlich ein paar nette Situationen schaffen will. Aber nett ist nunmal nicht gut und funktioniert in den meisten Fällen nur beim ersten Mal. Gegen den zynischen Humor von Luke habe ich nichts, aber wie General Hux herabgewürdigt wird für ein paar Lacher, der “Deine Mutter”-Witz am Anfang und die zwanghaft lustigen Momente mit den Porks waren einfach echt bitter. Andere, wie die Einsetzung der Hüter auf Lukes Insel, ein paar augenzwinkernde Kommentare von Leia funktionieren da deutlich besser.
- Figuren/Cast
Vieles ist gleich geblieben, aber einiges hat sich auch getan. General Hux ist zu einer Witzfigur verkommen, Luke Skywalker denkt anders und reflektierend über die Jedi, Kylo Ren ist etwas erwachsener geworden, es gibt weniger Wutausbrüche. Rose ist leider als Charakter zu langweilig angelegt, ich werde einfach nicht mit ihr warm und das liegt nicht am Spiel von Kelly Mary Tran, während Benicio del Toro in der Rolle meiner Meinung zwar verschenkt ist, aber trotzdem einen guten Job macht. Laura Dern hat mir als Admiral Holdo gut gefallen, auch wenn ich den Heldenmoment mit dem Calamari-Kreuzer eher Admiral Ackbar gegönnt hätte. Oscar Isaac, Daisy Ridley, John Boyega, Carrie Fisher liefern gutes Schauspiel und selbst Andy Serkis verleiht durch seine Stimme Snoke eine Präsenz, die einen wirklich erschauern lässt. Trotzdem hätte es mehr Tote geben können, obwohl Snokes Tod überraschend kommt hätte ich gerne Finn in der Riesenkanone gesehen. Dazu traut sich der Film zu wenig mit den Figuren, aber dazu später bei der Handlung mehr. Trotzdem finde ich gerade Lukes Entwicklung sehr gut und auch Reys Reaktion auf Kylos Vorschläge nachvollziehbar, aber da hätte mehr gehen können.
- Writing
Hier geht’s nicht um die Geschichte, sondern um die Dialoge und um den Aufbau einiger Szenarien. Was hier teilweise wirklich gut aufgeht, Beispiel wäre der Dialog zwischen Yoda und Luke oder Rey und Kylos Gespräche oder der Großteil der Dialoge zwischen Luke und Rey wird gerade in Canto Bight total verhunzt, Dinge werden erklärt die man sieht und nicht erklärt werden müssen. Dazu sind auch zu häufig Floskeln dabei, die man aus anderen Teilen der Saga zu genüge kennt und Grundszenarien sind auch so aufgebaut, als hätte man sie aus anderen Filmen genommen und hier eingesetzt.
Der Finale Kampf in Snokes Halle ist ein gutes Beispiel: Rey liefert sich selbst aus, Kylo bringt sie zu seinem Meister, sie spricht ihn darauf an, dass er es nicht tun muss, Snoke spricht darüber den Widerstand zu vernichten und zeigt ihr was mit den fliehenden Rebellenschiffen passiert und Rey greift Snoke an. Erkannt? Episode 6, nur geht das Szenario erfrischend anders aus.
Anderes Beispiel: Rey sucht Luke auf Ahch-To auf, er weigert sich entschieden sie auszubilden, zeigt ihr dabei seine Insel, dass er eigentlich nichts zu tun hat, entdeckt aber trotzdem etwas in ihr dass ihn schließlich dazu bringt sie doch zu lehren. Erkannt? Episode 5, Luke und Yoda auf Dagobah.
Trotz anderem Planeten fühlt sich auch die Schlacht auf Crait eher wie ein Remake des Battles auf Hoth an, da auch hier das Ausgangsszenario zu ähnlich ist.
Und der ganze Grundkonflikt zwischen Kylo und Luke, dass Luke ihn falsch versteht und ihm nicht die richtige Aufmerksamkeit widmet, sodass Kylo sich aufbegehrt und Lukes Schüler vernichtet fühlt sich einfach zu sehr an Darth Vaders Erheben im Episode 3 an. Das alles hätte man viel eleganter lösen können, genau wie in Episode 7.
Dazu fühlt sich Canto Bight einfach zu kalkuliert an, die Kritik an der Lücke zwischen Arm und Reich, der Hint auf Tierquälerei und Sklaverei und die Grauzone zwischen alle dem. Zu gewollt, zu sehr aufs Auge gedrückt und seit wann muss denn ein Star Wars-Film kritisch sein? Hab ich nicht gebraucht, war einfach überflüssig.
Und was im Audio Flick angesprochen wird von den Gegenständen an die sich geklammert wird sehe ich auch kritisch. Anakins Laserschwert da, Rose Anhänger hier, Hans Würfel da, der Sender für Rey hier… Bindung kann man auch mit Charakteren aufbauen, finde ich gerade wirklich schwach.
- Technik
Im großen und ganzen muss ich den Look des Films sehr loben. Mir hat das kühle, sterile, kalte sehr gefallen, da es auch zur Grundstimmung passt. Viele coole Kamerafahrten, die Schlachten wurden gut in Szene gesetzt und gerade der Sound ist auch wirklich gelungen. Dazu die Musik, die neuen Themen gliedern sich gut in den Film ein und passen echt gut. Set-Design, Kostüme und Make-Up lassen im Stil von Lucasfilm auch wirklich nicht zu wünschen übrig, da gerade die Aliens verdammt greifbar und real aussehen. Auch der Schnitt hat mir gefallen, gerade in den Kampfszenen und Schlachten wird hier länger draufgehalten und nicht nach jeder Viertelsekunde das Bild gewechselt.
Leider hat ILM hier teilweise echt verkackt. Leia im Weltraum ist schon seltsam, aber wenn das ganze nicht gut aussieht, die Insel im Hintergrund wie ein schlechtes Matte Painting aussieht oder die fliegenden Steine etwas befremdlich wirken hat da leider jemand seinen Job nicht richtig gemacht. Dennoch funktioniert der Großteil der Effekte schon, trotzdem ist es schade dass einzelne Momente nicht ganz so schön sind wie sie sein könnten.
- Geschichte
Der wohl größte Streitpunkt dieses Filmes. Das Grundkonzept, dass er so nahtlos an Episode 7 ansetzt finde ich echt gut und die erste Viertelstunde finde ich echt gut. Gerade die Schlacht am Anfang war ein echt guter Start um in alles einzusteigen. Dennoch ist alles auf der Seite der Ersten Ordnung zu überzogen und zu sehr darauf angelegt entweder Hux zu diffamieren oder irgendwie eine andere Floskel zu bringen. Die Bomber hingegen und die Schwester und Rose sind emotionaler umgesetzt, als manch andere Stelle im Film. Auf jeden Fall recht explosiv für die ersten Momente.
Auch gerade was auf Ahch-To passiert, zwischen Luke und Rey, damit war ich echt zufrieden, da mir der reflektierende Luke gut gefällt und auch die Herausforderung für Rey ihn eines besseren zu belehren, auch wenn das alles manchmal auf der Stelle tritt. Den Konflikt der Machtverbindung zwischen Rey und Kylo ist auch verdammt gut, da so ein Vertrauen aufgebaut wird, das man dramatisch wieder einreißen kann, gerade um die Hintergründe zwischen Luke und Kylo zu erfassen. Ein bisschen weniger Humor und keine Porks hätten dem ganzen echt gut getan, Yoda war aber eine wirklich positive Überraschung und der Moment zwischen R2 und Luke hat mich auch berührt. Chewbacca wurde für mich aber viel zu kurz abgehandelt und mit zu R2 gestellt nach dem Motto “Ich weiß echt nicht, was ich mit euch machen soll”.
Kommen wir nun zu den Ereignissen auf der Raddus und dem zweiten Angriff der Ersten Ordnung. Ich fand Kylos Zurückhaltung seine eigene Mutter zu töten ein guter Kniff, als dann Leia dennoch im All landet und im Stil von Mary Poppins wieder im Schiff landet war ich zutiefst enttäuscht. Ich will hier nicht abstreiten, dass Leia keine Verbindung zur Macht hat und diese nicht nutzen kann, aber sie in diesem Ausmaß zu nutzen bedarf Schulung, nicht jeder ist eine Rey, die alles auf den ersten Blick begreift. Aber Holdo war eine Erfrischung als Anführerin, hätte sie allerdings Poe den Plan mitgeteilt hätte man sich Canto Bight sparen können, dann wären sie nicht mal auf die Idee gekommen. Roses Einführung und Finns Fluchtversuch fand ich sehr schwach, Finn, der sich schon in Episode 7 auf die Seite des Widerstands geschlagen hatte hätte nicht so gehandelt und das Fangirlen von Rose hab ich nicht gekauft, wie die ganze Beziehung die zwischen den beiden entsteht. Trotzdem kommt die Meuterei von Poe zur richtigen Zeit, auch wenn sie nicht nötig gewesen wäre. Und der Moment als Holdo den Calamari-Kreuzer in die Supremacy jagt ist einer meiner absoluten Lieblingsmomente im ganzen Film, da hier der Mix aus Bild, dem tonlosen Hintergrund und der Schönheit der Grausamkeit einfach richtig gut funktioniert.
Canto Bight. Ich halte es kurz. Ich verstehe, was Rian Johnson wollte: sucht euch ein Ziel und scheitert. Aber das hätte man kürzer und weniger scheinheiliger machen können. Die Suche nach dem Codeknacker ist schon eine komische Ausgangssituation, da es nur den einen gibt, der das kann. Dann das Parkverbot, die Gags mit den Münzen mit BB-8, die Kluft zwischen Arm und Reich, die Kritik an Tierquälerei und Sklaverei (an der sich dann letztendlich dann auch kaum was ändert), das Aufzeigen des Grau zwischen all dem, die viel zu lange Verfolgungsjagd, die dazu nicht gut aussah und die unglaubwürdige Beziehung zwischen Rose und Finn waren aufgesetzt und haben einfach nicht funktioniert. Benicio del Toro hat mit seiner Figur hat kurzweilig etwas Schwung reingebracht, doch das ist dann auch wieder verdampft. Als sie schließlich auf die Supremacy kommen, wird es endlich wieder interessant, ein kleines Katz und Maus-Spiel bis zu dem Zeitpunkt, dass Rian Johnson einfällt: warte mal, ich hab hier noch eine Captain Phasma, die ich noch gar nicht gezeigt habe und mache es wie in Episode 7, nur umgekehrt. Und Überraschung: DJ verkauft die hochsensiblen Informationen an die erste Ordnung. Dass dann Finn Captain Phasma auch noch in einem Zweikampf besiegt ist unglaubwürdig und nimmt dem Handlungsstrang jede Tragkraft. Dazu passiert hier einfach nichts relevantes, der Film tritt hier einfach komplett auf der Stelle, es passiert nichts.
Kommen wir nun zur Thronsaal-Sequenz. Obwohl der Aufbau der Szene bereits bekannt ist, ist das höchstwahrscheinlich meine Lieblings-Sequenz. Snokes Präsenz und Macht, Kylos Entscheidung seinen Meister zu hintergehen und zu töten, der Kampf gegen Snokes Wachen, die Enthüllung das Rey nur für sich selbst steht. Viele diese Emotionen zwischen Rey und Kylo kann ich vollkommen nachvollziehen und Rey zu erzählen, dass ihre Eltern vollkommen unwichtig sind, ist so mit das schlimmste was man ihr und dem Zuschauer zumuten kann, deswegen ist es vollkommen verständlich, dass sie sich nicht ihm anschließt. Das Zerbrechen des Lichtschwerts war dann auch eine symbolische Geste, aber die habe ich nicht gebraucht, trotzdem alles in allem ziemlich gut.
Crait. Der Abschluss. Dann bin ich endlich durch. Bis zu dem Zeitpunkt, als Rose etwas vollkommen unmögliches wahr macht fand ich das alles echt geil. Der Widerstand ist zerschlagen, niemand kommt, sie kämpfen mit dem letzten was sie noch haben um die Erste Ordnung aufzuhalten… Die Motivation ist klar, als sich dann der Falken in das Geschehen einmischt, Gänsehaut pur, obwohl alles schon irgendwie bekannt vorkommt. Trotzdem hätten sie Finn hätten sterben lassen, das unmögliche Deus Ex Machina von Rose ist nicht nur vom Timing nicht möglich, sondern auch logistisch. Denn als Poe sagt, “Abdrehen, das ist ein Befehl”, drehen alle außer Finn bei. Rose wäre niemals in der Lage gewesen, ihn wieder einzuholen. Und ihre Floskeln und ihren Kuss habe ich dann auch nicht gebraucht.
Luke vs Kylo. Geil. Einfach nur geil. Gerade beim ersten Mal habe ich den Schluss nicht kommen sehen. Wirklich gelungen und Lukes Abschied war dann doch echt würdig umgesetzt, gerade mit der Sonne und der Musik. Kylo war mir etwas zu überzeichnet, gerade als er noch im Schiff war, doch am Boden hat er mir dann wieder besser gefallen. Aber dass Rey zum Schluss in der Lage ist die Steine zu bewegen hat mich nicht überzeugt. Und das letzte Bild vom Kind mit dem Besen in der Hand fand ich nett, hätte ich allerdings nicht gebraucht.
FAZIT:
Es ist ein okayer Star Wars-Film, etwas schwächer als Solo wie ich finde, da ich bei Solo zwar auch Probleme sehe, aber im Großen und Ganzen besser unterhalten wurde. Dennoch hat auch dieser Film seine starken Momente mit denen er weiß zu trumpfen. Aber er lässt sich viel zu viel Zeit, erzählt uns Dinge bei denen er auf der Stelle tritt und die einfach unnötig sind, dazu habe ich das Gefühl das Rian Johnson das, was er da macht, nur teilweise verstanden hat und teilweise nach Formeln vorgeht, die es schon gibt. Deswegen mache ich auch Rian Johnson und Kathleen Kennedy hauptsächlich für dieses Durcheinander verantwortlich. Trotzdem: wenn man sich durch die ersten 1,5 Stunden kämpft wird man gerade in der letzten Stunde sehr für das Durchhalten belohnt. Ich bin gehypet auf The Rise of Skywalker und bin der Meinung, dass es nur besser werden kann.
3 von 5
Gesehen auf BluRay auf Deutsch mit RBTV Audio Flick