Soma:
Mann, Mann, Mann…
Wirklich ein Spiel, welches in jedem Bereich zwei Seiten hat. Manche Dinge sind brilliant und super. Andere Aspekte sind extrem enttäuschend.
Am besten zeigt sich das in der Story. Die ganze Geschichte ist insgesamt SEHR gut geschrieben. Es fängt damit an, dass man zu einem Hirn-Scan geht, weil man nach einem Unfall Schäden davon getragen hat… und plötzlich wacht man nach dem Scan auf, und ist in einer Welt des Horrors, auf dem Grund des Meeres und man weiss nicht, wie man dahin gekommen ist. Jeder der auch nur ein bisschen Ahnung von solchen Geschichten hat wird sofort in bestimmte Richtungen denken… und dürfte dann vermutlich positiv überrascht sein, wenn es sich herausstellt, dass die Story eben NICHT so einfach ist, wie man es zu Beginn dachte. Was das ganze noch viel besser macht ist, dass die Autoren der Geschichte den Spieler nicht unterschätzt und nicht ewigs lange das „Oooohhhhhh, wir bauen auf einen Twist hin, oohhhhhhh!“ Spielen. Sondern dass die Überraschungen und die Unsicherheiten genau lange genug halten, bis man als Spieler ein gutes Gefühl dafür hat, was vor sich geht und man dann die Story weiter zum nächsten Punkt trägt. Als jemand, der immer Ungeduldig wird, wenn ein Twist zu offensichtlich ist, aber einfach lange so tut, als sei die Story so viel cleverer als ich muss ich sagen: Ich weiss das extrem zu schätzen und die Story gewinnt dadurch eine Menge Plus Punkte. Und die Geschichte die dann schlussendlich erzählt wird ist extrem gelungen. Sie geht extrem gut mit den Philosophischen Themen um, die sie aufwirft und präsentiert das ganze durch zwei Charaktere, welche eine Menge Persönlichkeit haben, welche sehr konsequent gehalten wurden… was die Schlüsselmomente extrem gut funktionieren lassen.
Als ein Beispiel, das mir jetzt unmittelbar nach dem Ende tief in den Knochen sitzt: Der Finale Moment auf der Erde ist unglaublich gut geschrieben. Nach Stunden mit diesen zwei Charakteren ist die finale Szene auf der Erde so herzzerreissend wie auch logisch… Simon konnte bis zum Schluss die grausame Realität der Hirnkopien nicht akzeptieren. Ist nicht, dass er sie nicht versteht, er verdrängt es immer, vergisst es immer, und bestand so schlussendlich darauf, dass er doch auf der Arche sein MUSS. Während Catherine eigentlich hätte realisieren müssen, wie es Simon versteht „auf die Arche“ zu kommen… aber sie wurde die ganze Geschichte durch als jemand etabliert, der nicht gerade immer nachvollziehen kann, dass die Leute um sie herum die Welt nicht so verstehen wie sie. Weswegen es Sinn macht, dass Simons Schock für sie dann unverständlich wird… obwohl sie genau diesen Streit, diese Diskussion schon hatten. Und so macht es Sinn, dass sie ihren letzten Moment im Konflikt erleben. So sehr ich mir ihre letzten Momente gerne anders gewünscht hätte.
Die Story ist also wirklich, wirklich gelungen!
Und dann halt irgendwie doch wieder nicht…
Denn die Story hat eine Kehrseite. Eine Nebengeschichte, ein Strang der Parallel zur Hauptgeschichte läuft, und der lange so wirkte, als führe er am Schluss zu einem grossen Finale, welches diese beiden Stränge zusammen führt.
Was stattdessen passiert ist… nun, ist schwierig zu erklären, ohne es gross zu Spoilen, aber im letzten Kapitel stolpert man fast zufällig in eine kurze Szene, wo man mit einem Charakter interagiert, der nur halbgar etabliert wurde. Man drückt einen Knopf, und dann ist die Nebengeschichte abgeschlossen. Keine Verbindung zum Hauptplot, kein grosses Finale… einfach nur ein dünner Furz eines Endes. Keine Ahnung, wer dachte DAS sei eine gute Idee gewesen.
Ehrlich, ich war wirklich schockiert, als der WAU-Plot „abgeschlossen“ wurde. Auf dem Weg zur Ark-Abschuss-Zentrale läuft man einfach durch ein Paar Tunnele, wo die Stimme die man eine Zeit im Kopf hatte erklärt, dass wir irgend ein Gift, oder einen Virus in uns drin haben. Dann kommt man in einen Raum, wo der „Kern“ des WAU ist, setzt ihn ausser Gefecht und das war es dann? Der WAU hat nichts mit der Ark oder dem Versäumten Ark-Abschuss in der Vergangenheit zu tun. Den Virus den wir mit uns rumgetragen haben ist einfach… da? Ich meine, ich habe schon gesehen, dass Notizen und andere Hinweise in den Leveln darauf hingedeutet hatten, aber dass man dann einfach… „reinstolpert“ und es so unzeremoniel und unspektakulär abschliesst ist einfach nur schlecht geschrieben. Himmel, der WAU-Kern sieht nicht mal speziell interessant aus. Simon kommt in den Raum und fragt „Oh, was ist denn DAS?“ und ich musste zweimal hinschauen, weil das Teil kaum gross anders oder bedrohlicher ausschaut als andere WAU-Auswüchse die man im ganzen Spiel gesehen hat. Die Anspielungen die man im ganzen Spiel auf „Alpha“ fand und wie sehr der WAU dort die Kontrolle übernommen hat, hatten in meinem Kopf DEFINITIV eine spektakulärere Erwartung eingepflanzt.
Aber irgendwie macht es auch Sinn, dass dieser Storyteil derart enttäuschend endet. Denn wenn es ums Gameplay geht ist genau der Aspekt dieser Nebenstory auch der Aspekt, welcher mit Abstand am schlechtesten Funktioniert.
Ehrlich, ich war noch nie ein grosser Fan vom Horror-Stealth-Spiel von Frictional Game. Dieses Gameplay ist einfach viel zu oberflächlich und hat null Nuancen. Man hat kaum diverse Möglichkeiten, um die Gegner herum zu schleichen, und da die Dinger so unmenschlich und monströs ist, ist es zum Teil auch fast unmöglich genau zu verstehen, wann sie dich sehen und wo du durchschleichen kannst, ohne dass sie dich sehen.
Was mir in diesen Spielen immer passiert ist, dass ich sofort entdeckt werde, gekillt werde… und dann wieder zu mir komme, das Monster weg ist (irgendwo anders gespawnt) und ich einfach weiter machen kann. Das ist nicht interessant. Das ist nicht spannend. Und es macht die Monster erst recht nicht furchteinflössend, da ich von da an eigentlich mich nicht davor fürchte von ihnen erwischt zu werden, sondern es fast hoffe… weil sie dann nach dem „Knock Out“ Screen irgendwo anders sind und ich meine Erkundung weiterführen kann.
Also wirklich: Ein massives Problem mit dem Gameplay.
Aber wie gesagt: Dieses Spiel ist ein Werk der Kontraste.
Denn so sehr der Monster-Survival-Horror Aspekt des Spieles für mich überhaupt nicht funktioniert hat, so ist der zweite Teil des Gameplays EXTREM gut gelungen!
Denn wenn man sich nicht mit Monstern rumschlägt, dann erkundet man diese interessanten Level, welche voller genialer Details sind und mit kleinen Rätseln und Notizen und „Environmental Storytelling“ vollgestopft sind.
Die Level sind alle relativ klein, aber das ist in meinen Augen kein Problem. Dadurch, dass sie so kompakt sind kann sich das Spiel erlauben, dich einfach eine Weile rumlaufen zu lassen und die Rätsel zu lösen, welche dir das Spiel gibt.
Es ist heutzutage SO SELTEN, ein Spiel zu haben, welches dir nicht immer gleich sofort direkt sagt, was du als nächstes machen musst, wo du als nächstes hin musst, oder dir einfach alle wichtigen, interagierbaren Objekte in der Umwelt deutlich hervorheben, sodass du kaum etwas wichtiges übersehen kannst.
Manchmal musste ich mehrmals durch gewisse Räume laufen, bis ich an der Wand eine kleine Schalttafel fand, die man öffnen konnte, die ich aber vorher übersehen habe. Manchmal musste ich mit den Rätselobjekten etwas experimentieren, bis ich genau verstand, was die einzelnen Teile machen, um sie dann in die richtigen Positionen zu bringen.
Das Spiel hätte gut und einfach das machen können, was jedes andere Spiel heute so gerne macht, nämlich dir sofort, wenn du mal 2 Minuten nicht „vorwärts“ gekommen bist sagen: „Hm, vielleicht musst du irgendwo eine Schalttafel finden“ oder „Siehst du diese Röhren dort? Vielleicht kannst du die ja verschieben“.
Aber das tut es nicht. Und ehrlich: Ich GENOSS das absolut und es fühlte sich richtig gut an, dass ich jetzt nach dem Spiel das Gefühl habe, ICH habe den Weg durch das Spiel gefunden… und bin nicht nur den direkten Anweisungen der NPCs gefolgt.
Also ja… ein Spiel mit Kontrasten. Manches funktioniert sehr gut, anderes eher weniger. Oder um es genauer zu sagen: Alles mit den Monstern enttäuschte, der Rest ist extrem gut designt.
Das Gute, was das Spiel für mich auf jeden Fall zu einer Empfehlung macht ist aber: Die Dinge, welche nicht funktionieren sind der kleinere Teil. Es ist eine Nebenstory, welche zwar thematisch gut mit der Hauptstory verknüpft ist, aber Plotmässig nicht. Und darum ist es auch nicht die grösste Katastrophe, dass dieser Aspekt nicht so richtig funktioniert. Das Spiel wäre besser, wenn dieser Aspekt besser gewesen wäre (vor allem, wenn der Narrative Aspekt besser abgeschlossen geworden wäre…), aber dadurch dass er so separat ist, zieht er den wahren Kern des Spieles nicht runter… was dafür sorgt, dass DER Aspekt wirklich, wirklich toll ist.
Fazit: Ein Spiel mit zwei Gesichtern. Zum Glück überwiegen die Positiven Aspekte absolut.