Marvel’s Spider-Man:
Viel Gutes, viel nicht so Tolles… fangen wir mal mit den eher Negativen Sachen an.
Wenn man 100% alles machen will was die Map zu bieten hat dann muss man leider viel zu viel kämpfen. Das Spiel scheint zu denken, dass seine Stärke das Kampfsystem ist, und schmeisst dir deswegen Missionen um Missionen entgegen, wo Welle um Welle der gleichen Gegnern auf dich einprasseln. Und das wird dann doch recht schnell sehr, sehr öde. Weniger wäre hier wirklich mehr gewesen. Lieber etwas mehr Missionen wo man geschickt durch die Stadt schwingen muss, als in jedem Distrikt fünf Varianten von „Basis der Bösewichte ausräuchern“, bitte.
Ein anderer Aspekt der nicht gut gelungen ist sind all die Missionen in denen man nicht als Spider-Man unterwegs ist. Diese kurzen Kapitelchen wo man entweder Miles Morales oder Spidey’s Freundin Ginny Weasley spielt sind einfach ungeheuer öde. Das Gameplay da ist so völlig unausgereift und ohne jeglichen Tiefgang, dass man einfach merkt wie diese Momente einfach drauf-gepfropft wurden, ohne dass man wirklich wusste was damit machen. Aber ich verstehe warum das so ist. Denn wären diese Momente nicht spielbar, dann würde es sehr schnell jedem Spieler klar werden, wie wenig das Gameplay die Story diktiert und wie sehr das Spiel über weite Strecken quasi mehr als Film fungiert. Das Spiel treibt die Story vor allem in den ersten zwei Dritteln relativ wenig, und hätte man diese Abschnitte einfach als Zwischensequenzen gemacht dann würde es recht offensichtlich werden, dass man über weite Strecken den Plot eher passiv konsumiert als aktiv zu schauen.
Sowieso ist das Spiel nicht sehr gut darin das Gameplay zu kontextualisieren. Es war schon immer etwas ein Problem bei solchen Open-World-Games, dass man irgendwie Ausreden und Erklärungen finden musste, warum der Held jetzt in einigen Nebenmissionen ein Zeitrennen von Punkt A nach B machen soll, oder warum er sich jetzt die Zeit nimmt irgendwelche Landmarks zu besuchen…
Und „Spider-Man“ ist hierbei vermutlich eines der Schwächsten Spiele was das Anbelangt. Permanent sind die Erklärungen warum man jetzt was macht so offensichtlich unsinnig, dass ich nur immer wieder lachen konnte. Die Nebenmissionen mit Harry Osborns Forschungstationen sind hierbei die vermutlich offensichtlichsten, wo Peter durch eine saubere, schöne Stadt schwingt, dann an einer der Stationen ankommt, welche ihm sagt dass es Luftverschmutzungsprobleme gibt… und plötzlich ist die ganze Stadt so sehr in Smog getaucht, dass Spidey das Problem JETZT lösen muss, weil sonst alle in der Stadt versticken müssen.
Oder dann gibt es Momente wo man die Stadt erkunden sollte und Nebenmissionen machen sollte, bis die nächste Hauptmission freigeschalten wird, welche Storytechnisch „später am Tag“ passiert… und dann geht man eine Nebenmission machen, welche dich über einen Ladebildschirm plötzlich in ein Nacht-New York versetzt. Ups.
Wie gesagt, viele Spiele haben dieses Problem, es ist mir einfach selten so sehr aufgefallen wie bei diesem Game, dass der Kontext der gewisse Missionen für die Aufgaben gibt einfach keinen Sinn ergibt.
Und zu guter Letzt muss ich auch noch das Pacing kritisieren. Über weite Strecken geht die Story extrem schnell voran, man schaltet praktisch immer nur neue Missionskategorien auf der Map frei, und man hat oft einfach mit den gleichen Antagonisten zu tun wie immer…
Und dann erreicht die Story etwa die 75%-80% Marke und PLÖTZLICH geht hier eine ganze Menge ab! Das ganze Ende hat etliche neue Gegner und Bosskämpfe, Charakterentwicklungen häufen sich und gehen extrem schnell und es wirkt so als sei das alles einfach ans Ende gehängt worden.
Das kann vielleicht aber auch damit zu tun haben, dass ich immer erst alles an Nebenmissionen gemacht habe, das ich konnte, bevor ich die Story weiterzog, vielleicht fühlt sich das weniger so an, wenn man nur ab und zu ein Paar Nebenmissionen macht. Vielleicht kommt die Einführung dieser ganzen Boss-Ansammlung dann schon nach etwa 50% des Games. Kann halt nur beurteilen, wie es sich anfühlt, wenn man alle Missionen gleich macht, sobald sie freigeschaltet wurden.
Und ich muss auch gestehen: Dieses „Schluss“-Feuerwerk für sich ist absolut ein Aspekt wo ich nun zu den Positiven Dingen rüberkommen kann. Denn auch wenn die normalen Gegnerwellen oft eher nervig sind und das Kampfsystem da nicht so toll ist, so funktioniert es für die grossen Kämpfe, die Storyrelevanten Bosskonfrontationen extrem gut! Da glänzt das Spiel, diese Auseinandersetzungen sind grandios in Szene gesetzt und machen extrem viel Spass!
Das hat unter anderem damit zu tun, dass das Gameplay (wenn es sich nicht wie oben gesagt zu sehr auf die Massenkämpfe versteift) einfach extrem gelungen ist! Spider-Man steuert sich extrem gut, seine Beweglichkeit wird toll dargestellt, sowohl mit seinen extrem flüssigen Animationen als auch all den Optionen welche dem Spieler zur Verfügung stehen. Im Kampf hat diverse Arten den Gegnerischen Attacken auszuweichen, sei es mit dem getimten Dodge-Manöver oder einfach den Schwing-Mechaniken welche du normalerweise brauchst um durch die Stadt zu kommen. Alles fliesst sehr organisch ineinander, ist einfach und intuitiv zu nutzen, aber hat genug Nuance, dass man das ganze Spiel hindurch immer wieder neue Kniffe lernen kann.
In den Besten der Besten Fälle kommt es dann zu kämpfen, wo man absolut im 3-dimensionalen Raum aufgeht, wo man nicht einfach auf dem Boden gegen einen Gegner kämpft, sondern regelrecht um Gebäude herumschwingt, die Gegner in der Luft zu sich zieht, die Wänder hoch- und runter-rennt, Projektile mit seinen Netzen fängt und zurück wirft… In den besten Momenten fühlt sich das Gameplay einfach hervorragend an und wie die „Arkham“-Spiele es endlich geschafft haben dass man sich effektiv wie Batman fühlte, wenn man die Steuerung und Mechaniken durchschaut hat, so gibt einem dieses Spiel wirklich das Gefühl Spider-Man zu sein, wenn das Gefühl für Steuerung erstmal in den Fingern ist und man kaum mehr denkt, sondern einfach Reflexiv „macht“.
Was mir auch sehr gut gefällt sind die Charaktere. Die Story selber ist zwar etwas zerfahren und so ganz richtig Sinn macht vieles nicht, aber die Charaktere selber sind sehr gelungen. Die meisten Charaktere haben durchaus mehr Details in ihrem Verhalten und wie sie geschrieben sind als man erst meinen könnte und zwischen allen grösseren Charakteren herrscht gute Chemie. Ausserdem finde ich es immer wieder unterhaltsam zu sehen, wie eine neue Story altbekannte Charaktere neu interpretiert und ihre Hintergrundgeschichten neu erzählt. Und da macht dieses Spiel durchaus eine gute Falle.
Und hey…
Ein Spiel welches im Grunde gutes Gameplay hat und Charaktere mit denen man gerne Zeit verbringt ist auf jeden Fall gelungen.
Ja, ich habe einiges an dem Spiel auszusetzen, aber dennoch habe ich es bis zum Schluss zu 100% durchgespielt und das zeigt halt doch, dass es mir eine Menge Spass gemacht hat.
Durch die Stadt schwingen und einfach zu schauen wie schnell und geschickt man von A nach B kommt alleine ist ein solides Vergnügen in diesem Spiel. Und dann kann es bei der Kontextualisierung ruhig auch mal etwas wackeliger sein, das stört dann gar nicht mal so gross.
Fazit: Von mir durchaus eine Empfehlung. Trotz vielleicht etwas zu viele Kämpfe gegen Gegnerwellen und unnötige Zwischenkapitel wo man nicht Spidey spielt hat das Spiel trotzdem extrem gutes Gameplay und Charaktere.