Ohne, dass man mir unterstellen möge, ich stimmte RBTV hier vollumfänglich zu: In einem Chat-In (oder war es noch Behind The Beans?) wurde dazu mal erklärt, dass Ungenauigkeit in den aktuellen Richtlinien durchaus Methode hat. Konkrete Regeln erlauben einen konkret unterschreitbaren Punkt. Trolle, so war die Aussage, seien daran interessiert und darauf spezialisiert genau dies zu tun: Sich am Rande des Regelübertritts zu bewegen, aber immer darauf verweisen zu können, die Regel nicht übertreten zu haben. Deshalb sind einige Richtlinien und Wünsche absichtlich vage gehalten; damit die Moderatoren einen Ermessensspielraum haben innerhalb dessen sie auch „technisch“ (z.B. mit unproblematischer Wortwahl formulierten) Richtlinienkonforme Postings moderieren können, z.B. durch das Ausblenden oder Löschen des Posts.
Zum Thema: Ich finde das Vorgehen der Moderation häufig nicht nachvollziehbar, was aber ebenfalls Methode hat und mir auch einleuchtet. Die anstößigen Posts werden entfernt, die Nutzer gesperrt und Thematisierung der Vorfälle verboten. Hat ein bisschen was von Geheimpolizei, wenn Leute verschwinden und Nachfragen dazu führen, dass man sich selbst gefährdet, aber ich kann verstehen, dass das dem Schutz der freiwillig arbeitenden Moderation und durch Vermeidung der Diskussion auch dem Schutz des Forums vor Zerfaserung dienen soll.
Generell wäre etwas mehr gewaltfreie Kommunikation zeitweise hilfreich, denke ich. Das heißt nicht, dass man sich jeden Spruch verkneifen und sich 24/7 pädagogisiert und angepasst verhalten soll, aber es würde vielleicht ermöglichen im Falle eines Konflikts bewusst auf eine andere Art von Austausch umzuschwenken und das auch anzuzeigen. Allerdings hat daran, völlig verständlicherweise, nicht jeder Interesse oder die zeitlichen Ressourcen dafür. Man ist sich glaube ich häufig zu sicher, dass es nur eine Lesart gibt, möchte sich vielleicht nicht die Blöße geben und für naiv gehalten werden, nimmt die Leute nicht beim Wort, sondern versucht irgendeine Absicht zu erahnen.
Ich bemühe mich zumindest immer beim Lesen Milde walten zu lassen und beim Schreiben deutlich zu machen, dass ich niemandem etwas böses will. Heißt aber leider nicht, dass ich nie frustriert wäre oder, dass das immer gelänge.
Fähigkeiten, die ich selbst versuche zu kultivieren sind das kritische Betrachten eigener Interpretationen („Moment, meint X das wirklich so? Wie könnte es noch gemeint sein?“) und das öffentliche Reflektieren meiner eigenen Meinungen und Äußerungen („Oh, so war das nicht gemeint, aber ich verstehe wieso usw.“ / „Ja, da hast Du recht, das war etwas zu heftig ausgedrückt…“ / „Da war ich sprachlich zu unpräzise“ und der all time classic „Da hast Du recht, ich lag falsch, tut mir leid.“)
Das bringt erfahrungsgemäß viel, um nicht bedrohlich zu wirken und modelliert anderen ebenfalls, wie man sprachlich agieren kann.